Gemeindepräsident Gunzenreiner: «Die Situation ist für uns unverständlich»

Alois Gunzenreiner, Gemeindepräsident Wattwil, hätte sich ein Aufrecherhalten der Verhandlungen mit dem Kanton gewünscht.
© Michel Canonica / TAGBLATT
Den Rückzug des Kantons und der Langzeitpflegekette Solviva kann der Wattwiler Gemeindepräsident Alois Gunzenreiner nicht verstehen. Er hätte sich weitere Verhandlungen gewünscht, da die Gemeinde Wattwil grundsätzlich hinter den Vorschlägen des Kantons steht.

Es wird keine Langzeitpflegestation am Spital Wattwil geben. Das Pflegezentrum wurde von der Gemeinde Wattwil oft kritisiert, da es ihrer Meinung nach bereits genügend Pflegeheime in der Region gibt. Sind sie grundsätzlich zufrieden, dass das Pflegezentrum nun vom Tisch ist, Herr Gunzenreiner?
Nein, ich bin selbstverständlich nicht zufrieden. Das Vorgehen des Kantons und der Solviva sind für den Gemeinderat unverständlich. Wir haben uns für eine Weiterbearbeitung des Nachfolgekonzepts und eine Stärkung dessen eingesetzt. Dass es jetzt zur Einstellung des Projekts kommt, können wir nicht nachvollziehen.

Quelle: FM1Today/TVO

Hat der Gemeinderat aber irgendwie erwartet, dass es zum Rückzug von Solviva kommt, da gemäss Regierungsrat Bruno Damann hinter dem Rücken der Regierung bereits Verhandlungen mit der Berit Klinik geführt wurden?
Wir haben der Regierung letzten Freitag schriftlich unterbreitet, dass der Gemeinderat mit dem Konzept und den Leistungserbringern (darunter die Solviva) einverstanden ist und haben gleichzeitig die Berit Klinik ins Spiel gebracht. Weil unserer Meinung nach die Nachfolgelösung im medizinischen Bereich zu wenig bringt und es dort eine Stärkung braucht. Die würde es durch die ambulante Tagesklinik der Berit geben.

Gemäss Bruno Damann sind die Verhandlungen vor allem daran gescheitert, dass die Gemeinde der Solviva die Immobilie nicht verkaufen will.
Wir erwarten, dass die Liegenschaft aufgrund der Rückübertratungsverpflichtung vom Kanton zurück an die Gemeinde geht. Dem Kanton hat der Gemeinderat signalisiert, dass auf Baurechtsbasis weiter diskutiert werden könne. Der Solviva wäre das, was sie braucht, im Baurecht zur Nutzung abgegeben worden.

Die Solviva wollte die Liegenschaft aber übernehmen und nicht nur nutzen und ist deswegen ausgestiegen?
Offensichtlich. Aber Baurechtsregelungen brauchen gewisse Rahmenbedingungen, die wir entsprechend diskutieren müssen.

Die Verhandlungen wurden Ihrer Meinung nach zu früh abgebrochen?
Ja. Wir haben uns das anders vorgestellt. Wir hatten etwas auf dem Tisch, das wir annehmen, es aber weiterentwickeln und stärken wollten. Dass ein Konzept nur genau so realisiert werden kann, wie es auf den Tisch kommt, ist für mich unerklärlich. Nicht mehr greifbar.

Kann mit der Berit Klinik an Bord das Spital längerfristig aufrecht erhalten werden?
Dieser Schritt hat nichts mit der Berit Klinik zu tun. Der Spitalbetrieb wird geschlossen. Das haben die Bürgerinnen und Bürger so beschlossen, das hat der Kantonsrat so beschlossen. Der Spitalbetrieb geht zu. Jetzt geht es um die Nutzung der Liegenschaft. Das muss man trennen. Wir reden nicht darüber, ob das Spital weiter betrieben wird.

Sondern?
Wir reden über eine ambulante Tagesklinik, die Berit bereit ist, aufzubauen und dazu eine Absichtserklärung unterschrieben hat. Ein Spital ist stationär, ein Patient ist mehrere Tage dort, in einer ambulanten Klinik gehen die Patienten im besten Fall am selben Tag wieder raus. Stationäre Spitäler müssen bewilligt werden und kommen auf die Spitalliste, für ambulante Kliniken gibt es keine Spitalliste. Die Regierung hat mehrfach aufgezeigt, dass Wattwil nicht auf die Spitalliste kommt.

Was passiert mit den Spitalangestellten? Die Regierung befürchtet eine Kündigungswelle.
Soweit es mit dem Nachfolgekonzept möglich ist, werden die Angestellten übernommen. Es ist in unserem Sinne, das bereits bestehende Konzept des Kantons weiterzuentwickeln.

Dementsprechend auch mit einer Langzeitpflege. Das heisst, es braucht jetzt lediglich einen Ersatz für die Solviva?
Es wird sich zeigen, wie weit die Rolle der Solviva substituiert werden kann und muss. Selbstverständlich werden wir die Gespräche mit dem Kanton weiterführen.

Wäre die Berit Klinik bereit, auch die Notfallversorgung zu übernehmen?
Das kann ich zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen.

Sehen Sie schwarz für die Zukunft des Spitals?
Nein. Die Solviva ist ja nur ein Teil des Konzepts. Es ist beispielsweise auch eine Station der Psychiatrie St.Gallen-Nord vorgesehen. Diese Verhandlungen werden nach den Sommerferien fortgeführt.

veröffentlicht: 20. Juli 2021 15:50
aktualisiert: 20. Juli 2021 16:15
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