Nur zwei behandelt: Ein Berg von unerledigten Vorstössen im St.Galler Kantonsrat

In der dreitägigen Session wurden nur zwei Vorstösse behandelt.
© KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
In der dreitägigen Junisession hat der St.Galler Kantonsrat nur gerade zwei Vorstösse behandelt. Sie waren als dringlich eingereicht und betrafen beide einen Steinbruch im Toggenburg. Eigentlich wären aber 96 Vorstösse zur Beratung bereit gewesen.

In der am Mittwoch beendeten Session war die aus Spargründen gestrichene Aprilsession immer wieder Thema. Für die Grünliberalen ist die Arbeitsweise des Parlaments eines der Zeichen, dass «der Kanton St. Gallen immer mehr den Anschluss verliert», wie sie in einer Mitteilung schrieben.

Der Rat hat es zwar geschafft, die Traktandenliste mit den Gesetzesvorlagen abzuarbeiten. Dafür musste zweimal eine Verlängerung der Sitzung beantragt werden. Zudem fiel eine längere Debatte weg, weil der Rat das überarbeitete Polizeigesetz mit verschiedenen heiklen Themen an die Regierung zurückwies.

Das Pensum konnte aber nur geschafft werden, weil das Parlament auf die Behandlung von Vorstössen – mit der Ausnahme von zwei dringlichen Interpellationen – vollständig verzichtete.

Vor der Session hatte das Ratsbüro wie immer eine Liste mit den behandlungsreifen Interpellationen, einfachen Anfragen, Motionen, Postulaten und Standesinitiativen zusammengestellt – insgesamt sind waren es 96.

Während drei Sessionen liegengeblieben

Die Vorstösse der Kantonsrätinnen und Kantonsräte werden oft von aktuellen Ereignissen ausgelöst. Dies gilt beispielsweise für eine Standesinitiative der Grünen, die sie im April 2022 nach Vorfällen rund um giftigen Löschschaum im Bodensee einreichten. Das fehlbare Unternehmen erhielt eine Busse von 5000 Franken.

In Ihrem Vorstoss verlangen die Grünen beim Bund härtere Strafen für Umweltdelikte. Die Standesinitiative wird von der Regierung unterstützt. Sie stand zuerst auf dem Programm der Novembersession, dann auf demjenigen der Februarsession und schliesslich auch auf der Traktandenliste der abgelaufenen Junisession. Der Vorstoss ist noch nicht behandelt.

Ein Beispiel für die Verzögerung wichtiger Anliegen wegen der zu hohen Geschäftslast ist die Motion für eine Totalrevision des Stipendiengesetzes, die im letzten November von der Finanzkommission eingereicht wurde und von der Regierung unterstützt wird.

Auslöser sind die im schweizweiten Vergleich zu tiefen Stipendienausgaben des Kantons St.Gallen. Verlangt wird eine Korrektur, eine Zustimmung wäre nur noch Formsache. Solange aber der Vorstoss nicht behandelt ist, können die Arbeiten nicht starten. Die nächste Chance ist die kommende Septembersession.

Keine Lösung in Sicht

Und nicht alle Motionen sind gleich wichtig: Ein eher kleines Thema ist die Aufhebung des Alkoholverkaufsverbots in Badeanstalten, das von zwei GLP-Kantonsräten verlangt wird. Eingereicht wurde die Motion im letzten September. Zwei Monate später erklärte die Regierung, sie sei für Gutheissung. Danach verstrichen drei Sessionen, ohne dass das Thema behandelt wurde. Im Idealfall wäre das Verbot bereits für die laufende Badesaison gefallen.

In der Junisession hat der Kantonsrat lange über das eigene Geschäftsreglement diskutiert, zu dem zahlreiche Anträge vorlagen. Vorschläge, wie die Geschäftslast abgebaut werden könnte, waren nicht darunter.

(sda/red.)

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veröffentlicht: 15. Juni 2023 20:00
aktualisiert: 15. Juni 2023 20:00
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