Kameras an jeder Ecke: Mels «gleicht einem Überwachungsstaat»

Quelle: TVO

Melser Fasnachtsfans ist derzeit gar nicht zum Feiern zumute: Im Dorfkern hängen zahlreiche Banner mit dem Hinweis, dass der Bereich videoüberwacht wird. Es wurden tatsächlich Kameras installiert – und das finden nicht alle gut.

Was die einen begrüssen, finden die andern fürchterlich: Die Melser Fasnacht wird dieses Jahr von mehreren Videoüberwachungskameras begleitet. Dies geht aus einer Änderung im Gemeindepolizeireglement hervor, welches im Herbst 2023 zuletzt angepasst wurde.

Vor allem Walter Gartmann, Nationalrat SVP und langjähriger Fasnächtler, ist über diese Massnahme schockiert: «Ich bin sprachlos und verstehe das einfach nicht.» Die Fasnacht sei ein Brauch der Fröhlichkeit: «Dieser Anblick erinnert mich eher an kriegerische Szenen. Überall hat es Kameras und Absperrgitter – das passt nicht zur Fasnacht», sagt er gegenüber TVO.

Geteilte Meinungen in der Bevölkerung

Eine Umfrage bei den Melserinnen und Melsern zeigt, dass die Überwachungskameras verschiedene Meinungen mit sich bringen.

Thomas Hug aus Mels sagt, dass er «selbstverständlich» an die Fasnacht gehe, auch wenn er es schade finde, dass alles videoüberwacht wird. «Leider gibt es aber immer mehr Vorfälle, die solche Massnahmen nötig werden lassen. Die Organisatoren machen das sicher nicht freiwillig.»

Trotzdem erinnere ihn die Szene im Dorfkern an einen «Überwachungsstaat» und er verstehe, dass manche Leute aufgrund dessen nicht mehr an die Fasnacht gehen wollen.

Die Melserin Daniela Bärtsch findet es gut, dass Überwachungskameras angebracht wurden: «Gerade jetzt, wo der Prozess wegen des Vorfalls 2022 läuft.» Die Kameras bringen laut Bärtsch «bestimmt einen gewissen Respekt mit sich».

Hans Zimmermann aus Mels geht hingegen sowieso nur noch an den Umzug. Aber: «Ich finde die Videoüberwachung übertrieben und bin eher dagegen.» Zimmermann gibt zu, dass auch er früher «nicht heilig» war. Aber die Schlägereien seien dazumal nicht so extrem gewesen. «Wenn einer geblutet hat oder am Boden lag, war die Sache erledigt – heute schlagen sie noch weiter drauf.» Er ist gespannt, ob die Kameras tatsächlich solche Szenen minimieren werden.

Unterhaltung statt Sicherheit

Es könne immer und überall etwas passieren, trotzdem findet Nationalrat Gartmann die Kameras «völlig daneben». Bis 2020 habe man in Mels immer eine «hervorragende Fasnacht» mit viel Publikum gefeiert. Gartmann erinnert an den katholischen Hintergrund: «Nach der Fasnacht kommt die Fastenzeit, davor tobt man sich nochmals aus. Austoben heisst aber nicht, etwas kaputt zu machen, sondern Spass zu haben.»

Statt an der Sicherheit, sollte man laut Gartmann eher am Unterhaltungsprogramm arbeiten. «Eine Live-Band oder gute Unterhaltung würde der Melser Fasnacht gut tun. Es nützt nix, wenn man nur für die Jungen eine Disco organisiert, die zum Alkohol- und Drogenkonsum animiert.»

Früher habe man beispielsweise an der «Ihuttlättä» bis 6 Uhr keinen Alkohol verkauft. Wohingegen heutzutage ab Mittwochabend die Nacht durchgemacht werde und die Leute betrunken an den Anlass kämen.

Gartmanns Konsequenz: «Ich gehe am Samstag nicht an die Melser Fasnacht, sondern nach Wangs oder Sargans.» Wie er die Zukunft der fünften Jahreszeit in Mels einschätzt, siehst du im Video.

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veröffentlicht: 6. Februar 2024 18:45
aktualisiert: 6. Februar 2024 18:45
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