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Das musst du über die Plagiatsaffäre an der HSG wissen

Das musst du über die Plagiatsaffäre an der HSG wissen

Der Plagiatsskandal ist nicht die einzige Affäre, die die HSG in den letzten Jahren erschüttert.
© Keystone
Die HSG sorgt erneut für negative Schlagzeilen. Die Plagiatsaffäre wirft einen Schatten auf die Eliteuniversität am Rosenberg. Doch wie wurde der Skandal publik? Was sind die genauen Vorwürfe und wie geht es weiter? FM1Today entwirrt den Skandal für dich.

An der HSG brodelt es. Ein Professor soll systematisch plagiiert haben und Arbeiten von Studierenden als seine eigenen ausgegeben haben. Ein anderer Professor, der den fehlbaren Kollegen bei seiner Habilitation betreute, soll zudem mit einem Anwaltsschreiben Studierende und Mitarbeitende eingeschüchtert haben. Doch was ist genau passiert? Wir bringen Licht ins Dunkel.

Was sind die genauen Vorwürfe?

Konkret wird einem Titularprofessor der HSG vorgeworfen, er habe wiederholt plagiiert, also abgeschrieben. Plagiatsexperte Stefan Weber hat bei einer stichprobenartigen Überprüfung, welche das «St.Galler Tagblatt» in Auftrag gab, bereits zwei Dutzend Plagiate festgestellt. Betroffen sollen die Doktorarbeit und die Habilitation, welche zum Lehren an Universitäten berechtigt, des Professors sein. Er soll allerdings nicht nur abgeschrieben haben, sondern auch Arbeiten von Studierenden als seine eigenen ausgegeben haben.

Wie wurde der Skandal publik?

Ins Rollen kam die Sache am 9. September. Die «NZZ am Sonntag» machte publik, dass ein HSG-Professor bei seiner Doktorarbeit systematisch plagiiert haben soll. Der HSG waren die Vorwürfe bereits bekannt, da Studierende die Schule darauf hinwiesen. Die HSG prüfte die Vorwürfe, kam aber zum Schluss, dass es keine Verfehlungen gebe. Nachdem die NZZ die Geschichte öffentlich machte, gab das «St.Galler Tagblatt» ein Gutachten beim renommierten österreichischen Plagiatsprüfer Stefan Weber in Auftrag.

Was sagt das Gutachten?

Das Gutachten des Tagblatts kommt zum Schluss, dass in der Habilitationsschrift des Professors mehrere Passagen nicht von ihm stammen können. Da diese Arbeit aber nicht in St.Gallen sondern an der Technischen Universität Darmstadt eingereicht wurde, muss diese ermitteln. Dort wird die Arbeit seit über einem Jahr untersucht. Auch bei der Doktorarbeit stellte Plagiatsprüfer Weber 38 Textfragmente fest, welche aus anderen Arbeiten stammen.

Wer ist in den Fall verwickelt?

Ebenfalls teils des Skandals ist ein weiterer HSG-Professor, welcher den fehlbaren Kollegen bei seiner Habilitation betreute. Dieser drohte Studierenden und Mitarbeitenden mit einem Anwaltsschreiben, damit sie nicht mit den Medien sprechen. Das Schreiben wurde im Namen der HSG versandt, was nicht zulässig ist. Die Schule hat sich auch bereits davon distanziert.

Zudem sind Studierende, von denen der Professor abgeschrieben haben soll, involviert. Sie werden durch die St.Galler Anwältin Senta Cottinelli vertreten. Sie hat den Plagiatsverdacht bereits 2021 der Universitätsleitung gemeldet.

Und auch die Politik ist in den Fall involviert. Denn der Universitätsrat wird vom Kantonsrat gewählt und von Bildungsdirektor Stefan Kölliker präsidiert. Der Universitätsrat war bereits 2021 über die Vorwürfe informiert worden. Interveniert – also beispielsweise den Professor zu beurlauben – hat er aber nicht.

Wie ist der derzeitige Stand?

Der fehlbare Professor ist mittlerweile krankgeschrieben. Die Untersuchungen an der Technischen Universität Darmstadt laufen. Auch die HSG hat angekündigt, dass sie aufgrund der neuen Vorwürfe eine erneute Untersuchung der Habilitation prüfe. Auch will die Schule untersuchen, ob und in welchem Umfang Bachelor- oder Masterarbeiten von Studierenden unzulässigerweise im Namen des betreuenden Professors veröffentlicht wurden. Zudem soll das Gespräch mit den betroffenen Studierenden gesucht werden. Bisher hat die HSG sie nicht direkt angehört. Universitätsratspräsident Stefan Kölliker hat zudem im Interview mit TVO angekündigt, dass der Universitätsrat gemeinsam mit dem Rektorat nochmals kommunizieren werde.

Quelle: TVO

Ist es der erste Skandal an der HSG?

Leider ist der momentane Skandal kein Einzelfall. Bereits mehrmals sorgte die HSG alleine in den letzten Jahren für negative Schlagzeilen. So hat beispielsweise ein Professor in diesem Sommer laut «Inside Paradeplatz» die gleiche Rechtsprüfung wie vor vier Jahren verteilt.

Ebenfalls für Gesprächsstoff sorgte die Spesenaffäre. Ein Professor leistete sich über Jahre hinweg unter anderem Übernachtungen in Luxushotels und Essen in Spitzenrestaurants auf Kosten der HSG. Das rund zweieinhalbjähriges juristische Hickhack endete 2020. Der Professor zahlte am Ende 80'000 der geforderten 100'000 bis 120'000 Franken zurück.

Auch der Raiffeisen-Skandal zog seine Kreise am Rosenberg. So hat der HSG-Professor und ehemaliger Raiffeisen-Verwaltungsratspräsident Johannes Rüegg-Stürm die Rotlicht- und Freizeitluxusspesen von Pierin Vincenz ohne kritisches Nachfragen durchgewunken. Rüegg-Stürm ist weiterhin als Professor an der HSG angestellt.

Bereits zuvor sorgte der Jungfraubahn-Skandal für Furore. Das Unternehmen hat zwischen 2014 und 2016 in unzulässiger Weise den Aktienkurs manipuliert. Die Bahngesellschaft wurde vom damaligen HSG-Rektor Thomas Bieger präsidiert.

veröffentlicht: 15. Dezember 2022 05:50
aktualisiert: 15. Dezember 2022 09:25
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