Zwangsheirat: Nicht immer ein religiöses Problem
Verliebt, verlobt, verheiratet: Nicht immer läuft es so romantisch. Laut dem «Tages-Anzeiger» gibt es in der Schweiz jährlich 700 Zwangsheiraten, die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Betroffen sind vor allem Migrantinnen und Migranten aus dem Balkan, der Türkei, Sri Lanka und den arabischen und afrikanischen Ländern.
In jedem fünften Fall ist ein Mann betroffen
Wie Anu Sivaganesan von zwangsheirat.ch, ein Kompetenzzentrum des Bundes, in der FM1-Sendung «Gott und d'Wält» sagt, kommen Zwangsheiraten in allen Religionen vor. Die Hauptursache liege jedoch nicht immer im Glauben. «Bei uns gibt es auch gut integrierte und privilegierte Personen, die Zwangsheiraten praktizieren», erklärt die Expertin. Oft würden die Abhängigkeit von der Familie, alte Rollenbilder und erstarrte Traditionen mitspielen. Es werden nicht nur Frauen zwangsverheiratet: «Zahlen zeigen, dass in 16 bis 20 Prozent auch Männer betroffen sind.»
«Berichte ernst nehmen»
Bis heute hat die Fachstelle Zwangsheirat in über 2200 Fällen beraten. Oft kann eine drohende Zwangsheirat verhindert, oder eine unter Zwang geschlossene Ehe im Nachhinein annulliert werden. Secondos und Secondas hätten dank ihrer Sprachkenntnisse oft bessere Möglichkeiten, ihre Bedürfnisse durchzusetzen. Was können Personen tun, die den Verdacht haben, jemand im Umfeld werde zwangsverheiratet? «Wichtig ist, die Berichte ernst zu nehmen. Und nicht schlecht über die Eltern und die Kultur zu sprechen», sagt Sivaganesan. Voreilig mit der Familie Kontakt aufzunehmen, sei auf keinen Fall empfehlenswert, weil sich die Folgen für die betroffene Person und einen selbst nicht abschätzen liessen. Hilfe für Opfer und Angehörige gibt es hier.
Die FM1-Sendung «Gott und d'Wält» zum Nachhören: