Mehr Geld und neue Studiengänge: So kämpft die Regierung um Lehrpersonen

Quelle: TVO/FM1Today

Der Kanton St.Gallen kämpft weiter gegen den Lehrpersonenmangel und setzt ab dem Schuljahr 2023/2024 neue, kurzfristige Massnahmen um. So sollen Lehrpersonen ohne Diplom bis zu 1000 Franken mehr Lohn im Monat erhalten.

Immer grössere Klassen, immer höhere Ansprüche und ein immer rauerer Ton unter den Schülern und gegenüber den Lehrern: Die Lage an den Schweizer Schulen ist unbefriedigend – so unbefriedigend, dass nicht nur immer wieder von Massenkündigungen die Rede ist, sondern auch von Lehrpersonenmangel. «Aus einem Fachkräftemangel während der Pandemie wurde ein Arbeitskräftemangel», beschreibt Stefan Kölliker, Vorsteher des Bildungsdepartements SG, die aktuelle Lage an St.Galler Schulen.

Um die Situation in den Griff zu bekommen, hat der Kanton St.Gallen nun gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule St.Gallen und den Schulträgern Massnahmen erarbeitet. Diese sollen, zumindest kurzfristig, Abhilfe schaffen.

Bis zu 1000 Franken mehr Lohn für Lehrer ohne Diplom

Mit einer Verordnungsänderung wird die Differenz beim Lohn zwischen Lehrpersonen mit und Lehrpersonen ohne anerkanntem Lehrdiploma verringert.

Lehrpersonen der Volksschule ohne anerkanntes Diplom erhalten weniger Geld als ausgebildete Lehrpersonen. «Dies, weil Schulunterricht grundsätzlich pädagogisch professionell ausgebildeten Fachkräften vorbehalten ist», schreibt der Kanton.

Aktuell erhalten nicht ausgebildete Lehrpersonen 75 Prozent des regulären Lohns. Da diese Entschädigung im interkantonalen Vergleich eher tief ist, benachteiligt das die St.Galler Schulen auf dem Stellenmarkt. Die Regierung hat nun den entsprechenden Lohnansatz auf 85 Prozent erhöht. Damit steigen die Monatslöhne der betroffenen Lehrpersonen je nach Schulstufe und Dienstjahr um brutto 600 bis 1000 Franken.

Studiengang für Quereinsteigende ab Herbst 2024

Die Pädagogische Hochschule St.Gallen (PHSG) führt auf das Herbstsemester 2024 zwei neue Studiengänge für Quereinsteigende für die Stufen Kindergarten und Primarschule sowie Sekundarstufe I ein. Diese richten sich an Interessierte über 30 Jahre mit Hochschulabschluss (oder gleichwertiger Ausbildung) sowie Berufserfahrung. Ihnen werden die Vorleistungen im Umfang von etwa einem Studienjahr anerkannt.

Bereits ab dem zweiten Jahr arbeiten sie in Teilzeit an einer Schule. Diese beiden Studiengänge ergänzen die bestehenden berufsintegrierten Studiengänge und die bestehenden Teilzeit-Studienformen auf Kindergarten- und Primarstufe. Damit wird mehr Leuten der Zugang zur Ausbildung als Lehrperson ermöglicht.

Weiter lockert die PHSG die Anwesenheitspflicht: Neu akzeptiert sie Abwesenheiten von Studierenden, wenn diese in einer Schule eine Stellvertretung leisten. Während der Stellvertretung unterstützt und berät sie die Studierenden. Anwesenheitspflicht besteht damit nur noch beispielsweise bei Praktika oder sicherheitsrelevanten Kursen.

Lösungen sollen mehr Flexibilität bringen

Die aufgeführten Massnahmen helfen nur kurzfristig. Langfristige Lösungen müssen her. Ergebnisse will die Arbeitsgruppe bereits im Mai 2023 präsentieren. Die Lösungen «tendieren alle zu mehr Flexibilität», so der Kanton.

Konkret:

«Haben auch in der Stadt St.Gallen eine Taskforce gebildet»

«Ich finde es ganz wichtig, dass auf kantonaler Ebene Massnahmen umgesetzt werden», meint Mathias Gabathuler, Bildungsdirektor der Stadt St.Gallen. Dem aber nicht genug: Auch in der Stadt St.Gallen sei eine Arbeitsgruppe gebildet worden, die den Auftrag hat, Lösungen beziehungsweise Lösungsvorschläge auf Stadtebene herauszuarbeiten. Nach der Kündigungswelle an den Primarschulen Grossacker und Heimat-Buchwald, welche vor wenigen Tagen publik wurde, scheint das auch bitter nötig.

Für Gabathuler ist indes klar: «Ich muss vielleicht die Grössenordnung der Stadt St.Gallen darlegen. 27 Kündigungen bei 850 Lehrpersonen in der Stadt St.Gallen sind absolut vertretbar.» Zudem ist auch bei den betroffenen Schulen Besserung in Sicht: Acht Stellen seien – mit vollausgebildeten Lehrpersonen – im Grossacker bereits wieder besetzt worden, deren neun im Schulhaus Heimat-Buchwald.

Trotzdem will der Bildungsdirektor der Stadt St.Gallen die Kündigungswelle aber nicht schönreden. Zuerst gelte es nun eine Auslegeordnung zu machen und daraus resultierende Probleme aus der Welt zu schaffen, so der 55-Jährige. Und Gabathuler meint dann auch abschliessend: «Wir sind zuversichtlich, dass wir die Aufgabe wahrnehmen können und gut ins neue Schuljahr starten werden.»

veröffentlicht: 5. April 2023 10:28
aktualisiert: 5. April 2023 14:37
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