«Gewalt ist keine Erziehungsmassnahme» – Kaltbrunn zeigt sich entsetzt über Dok-Vorwürfe

Quelle: Läderach-Schule in Kaltbrunn wird von Missbrauchsvorwürfen erschüttert / TVO / 22.9.2023

Der SRF-Dokfilm vom Donnerstag wirft hohe Wellen. Darin erheben ehemalige Schülerinnen und Schüler einer St.Galler Privatschule in der Gemeinde Kaltbrunn schwere Vorwürfe. Sie seien geschlagen und auch psychisch maltretiert worden. Die Gemeindepräsidentin findet klare Worte.

Sie wurden mit Gürtel geschlagen, mussten nachmittagelang auf einem Stuhl sitzen – und auch zu sexuellem Missbrauch sei es gekommen. Die Vorwürfe gegen die «Domino Servite», die heute «Christliche Schule Linth» heisst, wiegen schwer. Diese wurden in einem SRF-Dok-Film publik gemacht. Es habe ein Klima der Angst und Kontrolle geherrscht. Die meisten der Beschuldigten, darunter auch der Schoggi-Millionär Jürg Läderach, bestreiten die Vorwürfe vehement.

Läderach streitet Vorwürfe ab

Gegenüber TVO nimmt Jürg Läderach schriftlich Stellung: «Missbrauch, Gewalt und Diskriminierung in jeder Form sind mit meinem christlichen Glauben nicht vereinbar. Umso mehr bin ich erschüttert über das Leid, das den Betroffenen angetan wurde.» Es sei richtig, dass es an der Schule zu Verfehlungen gekommen sei, was auch die Untersuchung bestätigte. Er habe die Zeichen zu lange nicht wahrgenommen und die Betroffenen allein gelassen. Weiter sagt er: "Ich bedauere dies aus tiefstem Herzen. Wenngleich ich niemals Kinder oder Jugendliche, die in Kaltbrunn zur Schule gegangen sind oder Mitglied der Kirchengemeinde waren, geschlagen oder anderweitig misshandelt habe.»

In der Dokumentation hiess es auch, dass Läderach mit Anzeigen gegen die Schülerinnen und Schüler, welche sich dort äussern, vorgehen will. Eine Anzeige sei beretis vor der Ausstrahlung eingegangen. Bei der Staatsanwaltschaft St.Gallen hat man allerdings keine Kenntniss von einer oder meherer Anzeigen in diesem Fall, wie es auf Anfrage heisst.

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Gemeindepräsidentin tief betroffen

Die Schule befindet sich Kaltbrunn. Der Gemeindepräsidentin Daniela Brunner, welche seit 2020 im Amt ist, geht der Film unter die Haut, wie sie gegenüber FM1Today erklärt: «Mir persönlich geht das sehr nahe. Alleine schon die Vorstellung, dass man physische und psychische Gewalt als Erziehungsmassnahme bei Kindern einsetzt, empfinde ich mehr als schlimm.» Zudem hätten es ja die Eltern der Kinder teilweise gewusst. Ein absolutes Unding für die Gemeindepräsidentin.

Daniela Brunner ist seit 2020 die Gemeindepräsidentin von Kaltbrunn.

© zVg

Brunner, die in Kaltbrunn aufgewachsen ist und immer in der Region gelebt hat, sagt auch, dass in Kaltbrunn Gerüchte über die Glaubensgemeinschaft kursierten. Von reinen Spekulationen und Gerüchten halte sie jedoch nichts, sie orientiere sich an Fakten. Doch die Berührungspunkte zwischen den Kaltbrunnern und den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft seien rar.

Die Gemeindepräsidentin hat keine Zweifel daran, dass es in der Schule zu Missbrauchsfällen gekommen ist. Sie untermauert dies mit der Aussage der Ex-Frau des Pfarrers, welche im Film zugibt, Gewalt angewendet zu haben. Ob dies auch für die anderen Beschuldigten gelte, dazu möchte sie sich nicht äussern. Brunner hat aber einen Wunsch: «Ich persönlich wünsche mir, dass die am Missbrauch beteiligten Personen zu ihren Taten stehen und sich damit auseinandersetzen und es aufarbeiten.» Sie sei auch der Meinung, dass es entsprechende Strafen für die Täter benötige.

Unterscheiden zwischen heute und früher

Brunner ist es aber wichtig zu betonen, dass man zwischen der ehemaligen und der jetzigen Schule unterscheiden muss. Der Gemeinde wurde 2021 von der Schule mitgeteilt, dass man den damals erhobenen Vorwürfen nachgehe und eine Untersuchung eingeleitet hatte. Die Resultate der Untersuchung belegen, dass es zu Missbrauch kam, aber nicht durch wen. Danach habe die Schule mehrere Massnahmen ergriffen. Der Austausch mit der jetzigen Schulleitung sei rege und Brunner zweifelt auch nicht an der Qualität der Schule. Sie habe Vertrauen in die neue Führung der Schule.

Gleichzeitig sagt sie aber auch, dass die Gemeinde eigentlich nichts mit der Schule zu tun hat, da es sich um eine Privatschule handelt. Diese liegt unter Aufsicht des Kantons. Darum könne und werde die Gemeinde auch keine Massnahmen ergreifen. Angst, dass es nun zu bösem Blut zwischen den Kaltbrunnern und der Evangelischen Gemeinde Hof Oberkirch gibt, hat Brunner nicht. Das Bildungsamt des Kantons St.Gallen hat am Freitagmorgen bereits mitgeteilt, dass es momentan aus Datenschutzgürnden zu keiner Untersuchung in diesem Fall kommen wird.

veröffentlicht: 22. September 2023 20:06
aktualisiert: 22. September 2023 20:06
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