Gemeindepräsident über Massenentlassung: «Eine Schocknachricht»

Michael Aebisegger, Gemeindepräsident von Steinach (Archivbild)
© St.Galler Tagblatt/Ralph Ribi
Von der Schliessung des US-Elektronikkonzerns TE Connectivity in Steinach sind nicht nur fast 260 Angestellte betroffen, auch für Gemeindepräsident Michael Aebisegger ist diese Entscheidung ein Schlag.

Michael Aebisegger, fast 260 Stellen werden in Steinach gestrichen, was bedeutet das für die Gemeinde?

Michael Aebisegger: Das ist eine ganz schmerzliche Mitteilung, die wir da bekommen haben – die nicht nur Steinach betreffen wird, sondern die ganze Region. Es sind Schicksale für Mitarbeitende, die nicht nur in Steinach leben, sondern verteilt in den Kantonen St.Gallen, Thurgau und Appenzell Ausserrhoden. Für Steinach ist es besonders hart, weil wir nicht nur Arbeitsplätze verlieren, sondern das Gewerbe auch keine Arbeit mehr anliefern kann.

Wie geht es Ihnen persönlich damit?

Es ist ein besonderes Jahr für mich. Ich bin in das Amt des Gemeindepräsidenten gestartet, dann kam das Coronavirus und jetzt auch noch das. Emotional betrifft mich das recht stark. Die Einzelschicksale machen mich am meisten betroffen. Die Leute sind in der ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen Situation gefordert.

Haben Sie das Gespräch mit dem Konzern gesucht?

Wir wurden über die einzelnen Schritte informiert und haben uns diesbezüglich ausgetauscht. Wir sind mit dem kantonalen Wirtschaftsamt in Verbindung getreten. Grundsätzlich ist es immer schwierig, sich in ein Wirtschaftsunternehmen einzubringen. Aus politischer Sicht ist es fast nicht möglich.

Was passiert nun mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?

Es gibt vom Unternehmen Massnahmen, um diese möglichst gut zu unterstützen. Wir gehen davon aus, dass auch das kantonale Amt für Wirtschaft involviert sein wird. Dort, wo die Gemeinde unterstützen kann, werden wir versuchen, unseren Beitrag zu leisten.

Wie wird sich dies auf die Region auswirken?

Ich gehe davon aus, dass es steuerliche Konsequenzen geben wird. Wir werden uns überlegen müssen, ob die angedachten Investitionen noch realisierbar sind. Wir werden neu priorisieren müssen. Auf den Franken genau lassen sich die Auswirkungen aber nicht absehen. Es wird in den nächsten Jahren aber sicher Einschnitte geben.

Wird es eine finanzielle Belastung für die Anwohner von Steinach geben?

Ja, auch die Arbeitslosenversicherung wird teilweise betroffen sein. Bei den härteren Fällen wird auch das Sozialamt betroffen sein. Die Auswirkungen sind vielfältig. Wir alle sind gefordert.

Haben Sie es kommen sehen?

Nein, aber wenn man aufmerksam ist, stellt man fest, dass die Automobilindustrie schon seit längerer Zeit gewisse Probleme hat. Als Zulieferer ist die Situation sicher nicht einfach. Die Coronakrise ist dabei wie ein Brandbeschleuniger. Dass es gerade Steinach trifft, habe ich aber nicht erwartet. Es ist für alle eine Schocknachricht.

veröffentlicht: 12. August 2020 12:02
aktualisiert: 12. August 2020 14:13
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