Fifa, BBC und Warner – St.Galler Künstlerin startet durch

Sie lieferte den Soundtrack zum Fifa 21 Game, bekam einen Vertrag von Warner Music und wird derzeit von Radio Stationen und Streaming Plattformen weltweit gespielt – die St.Gallerin Priya Ragu hat den internationalen Durchbruch längst geschafft und hofft, auch in der Schweiz gehört zu werden.

1,3 Millionen Hörer auf Spotify, rund 400'000 Videoviews auf Youtube für ihre kürzlich veröffentlichte Single – Priya Ragu läuft es aktuell sehr gut. Vergangenen Frühling wurde die 35-Jährige von BBC und Rolling Stone India entdeckt und ihre Musik landete auf der Hitliste von Radio-DJ Annie Mac. Nach diesem Erfolg klopften zwanzig internationale Plattenlabels an der Türe der Ostschweizerin an – sie entschied sich für Warner Music und feiert mit dem Label international Erfolge. Gar nicht so einfach, an ein Interview mit der gebürtigen St.Gallerin zu kommen, dennoch konnten wir sie via Videotelefonie erreichen.

Priya Ragu, ich hatte Glück und ein kleines Zeitfenster öffnete sich bei dir – wo bist du gerade? Jettest du um die Welt?

Ich bin in der Schweiz bei meinen Eltern in Wil. Im Moment bin ich die ganze Zeit zwischen der Schweiz und London am hin und her fliegen, da das Label, die Band, die Crew und alles in London sind. Ich nehme aber nicht nur in London, sondern auch in einem Studio in St.Gallen bei meinem Bruder Japhna Gold Songs auf.

Wie ist das Team in London so?

Ich durfte das Team bereits vergangenen Frühling kennenlernen. Da bin ich nach London rüber geflogen und mit ihnen Essen gegangen. Es war ein gutes Gefühl. Ich musste ja den Vertrag unterzeichnen, ohne die Leute vorher zu kennen. Die Verhandlungen fanden alle via Zoom statt. Es war aber ein guter Entscheid, mit dem Label zusammenzuarbeiten und ich bereue es nicht.

Du wohnst derzeit bei deinen Eltern in Wil?

Ja, genau. Ich habe zuvor zehn Jahre in Zürich gewohnt und die Wohnung dann während des Lockdowns aufgegeben. Vorübergehend bin ich nun bei meinen Eltern und weiss nicht so genau, wie es weiter geht. Eigentlich war es das Ziel, für eine längere Zeit nach London zu gehen. Aktuell ist aber alles etwas unklar.

Deine erste Single bei Warner Music «Good Love 2.0» erschien im Oktober, nun hast du nachgelegt. Am 5. Februar 2021 erschien die Single «Chicken Lemon Rice», erneut mit Einfluss aus Sri Lanka – deinen Wurzeln. Ist das ein sri-lankisches Gericht?

Chicken Lemon Rice kam aus dem Nichts. Es muss nicht wirklich Sinn ergeben. Es hat vom Rhythmus her gerade in den Song gepasst. Das Gericht gibt es offiziell gar nicht – es sind einfach zusammengewürfelte Wörter. Im Song geht es um die Mischung von Kulturen. Man soll seinen Hintergrund zelebrieren, alle zusammenkommen und Vorurteile hinter sich lassen.

Hast du bewusst in deiner zweiten Single erneut das Tamilische mit einfliessen lassen?

Ich habe es nicht forciert. In der ersten Single kam es viel mehr rüber – dieses Mal habe ich einige tamilische Wörter mit einfliessen lassen. Es ist nicht die Produktion, die die Kultur herausstechen lässt, sondern es sind die Lyrics.

Hast du die Songs selbst geschrieben?

Ja, es ist alles von mir und meinem Bruder.

Wie waren die Rückmeldungen auf deine neue Single?

Der Song wird fleissig gehört. Ich war erstaunt darüber, dass er auf Streamingplattformen in so viele Playlists aufgenommen wurde und es gibt bereits sehr viele Covers. Radiostationen in Irland, England und Tokio spielen den Song und ich habe sehr viele positive Nachrichten meiner Follower erhalten. Sie feiern den Song – es war ein sehr guter Start.

Fühlst du dich ein bisschen wie ein Star?

Ich weiss nicht, wie man sich als Star fühlt, ich bin ja immer zu Hause. Alles läuft über das Internet ab. Ich kann es teilweise gar nicht wirklich fassen. Erst wieder wenn Zeitungen oder Magazine über mich berichten. Unglaublich war beispielsweise, dass die Vogue über mich berichtete, das hat meine Reichweite noch erhöht.

Durch die Corona-Massnahmen ist es derzeit als Künstler nicht möglich, das direkte Feedback des Publikums bei Konzerten zu erhalten – fehlt dir das?

Es fehlt mir vor allem das Rausgehen und Networken, andere Musiker kennenlernen, ins Studio gehen. Derzeit sind jeweils einfach mein Bruder und ich im Studio – so wie das bis jetzt auch immer war.

Dennoch hast du es ohne Konzerte, ohne physisches Networken, sehr weit geschafft und es sind viele Türen aufgegangen. Beispielsweise wurde deine Single «Love Good 2.0» zum Fifa 21 Soundtrack – spielst du selbst auch Fifa?

Ich spiele Fifa seit vorletztem Jahr – also noch bevor der Song zum Soundtrack wurde. Anfangs habe ich nie wirklich gecheckt, wie es funktioniert. Ich spiele lieber Kampf-Spiele, beim Fussball mit den vielen Pässen und Köpflern, da habe ich einen Moment gebraucht. Wir haben dann aber immer wieder zwei gegen zwei gespielt und das hat mega Spass gemacht.

Wirst du oft auf Fifa angesprochen?

Ja, sehr oft. Ich bekomme viele Nachrichten aus Indien von Leuten, die dort gamen und den Song hören, der indisch klingt und mir dann schreiben, dass sie stolz seien.

Wo wird deine Musik vor allem gehört?

England, USA, Türkei und Deutschland. In der Schweiz eher weniger.

Warum ?

Ich hoffe, dass die Musik auch in der Schweiz mehr Leute erreichen kann, das braucht aber Zeit. In der Schweiz werden oft Mundartmusiker bevorzugt und weniger Schweizer Künstler, die Englisch singen.

Wie steht deine Familie zu deiner Musik?

Sie sind meine grössten Fans und geben die beste Kritik ab. Vor allem mein Vater hat ein sehr gutes Gehör und ich höre darauf, was mein Vater meint und fühlt.

Was passiert als nächstes?

Es sind weitere Singles geplant. Mein musikalisches Ziel ist es, ein erfolgreiches Album herauszubringen und damit so viele Menschen wie möglich zu erreichen und dann natürlich in Europa oder auch Indien auf Tour zu gehen.

Weshalb die Faszination für die sri-lankische Kultur?

Es fühlt sich nach Zuhause an. Es ist natürlich und nicht erzwungen. Ich habe das nicht geplant, diese Fusion der Kulturen Schweiz und Sri Lanka. Sie ist im Moment entstanden und wurde zu meiner Mission: Ich möchte diese beiden Kulturen repräsentieren.

Ihr Ursprung – Sri Lanka – spielt in den Songs eine wichtige Rolle.

© Instagram/Priya Ragu

Wie nennst du deinen Musikstil?

Raguwavy – den habe ich selbst kreiert. Ich möchte mich nicht einem Genre zuteilen lassen, das limitiert mich als Musikerin. In diesem Musikstil kann ich kreieren, was ich will.

Kannst du von der Musik leben?

Ja, eigentlich kann ich von der Musik leben, ich arbeite aber noch in einem 20-Prozent-Pensum. Das einfach so lange ich das noch machen kann. Es ist eine coole Balance. Wenn ich dann aber nach England gehe, gebe ich den Job auf. Ich hätte mir nie erträumt, einmal von der Musik leben zu können. Ich habe schon immer Musik gemacht, aber dass ich es soweit schaffe... Intuitiv habe ich es mir gewünscht, aber es war mir nicht bewusst.

veröffentlicht: 2. März 2021 07:00
aktualisiert: 2. März 2021 07:02
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