Schlummerradio aus Neuseeland
Es begann alles mit durchwachten Nächten, endlosem Hin- und Herwälzen im Bett und anschliessenden «Zombie»-Tagen ohne Kraft und Antrieb. Der 62-jährige John Watson litt im Zuge einer klinischen Depression an Schlaflosigkeit - Insomnia - und musste 2012 sogar seinen Job bei den neuseeländischen Streitkräften nach mehr als 30 Jahren aufgeben. Doch das war zugleich der Beginn seiner zweiten Karriere - als Radio-DJ für Schlaflose seines eigenen, nicht profitorientierten «Sleep Radio».
Von seinem ländlichen Heimatort Te Aroha auf Neuseelands Nordinsel sendet Watson seit vier Jahren über eine Gratis-Handy-App sowie über verschiedene Internet-Plattformen seine Schlummermusik in alle Welt - seine Hörer finden sich vor allem in den USA, Kanada und Neuseeland. Doch auch von Afghanistan bis zur Antarktis hätten sich Interessenten bereits zugeschaltet, hat Watson beobachtet. «Wir sind ein digitaler Radiosender im Internet, und unsere (Server) sagen uns zu jeder Zeit, wer gerade wo zuhört.»
Rentner Watson in wählt für sein Schlafradio die Musik mit Hilfe seiner Frau Deborah selbst aus. Jedes einzelne Stück hören sich die beiden an, um ihre Zuhörer vor schlafraubenden Einlagen wie zu harte Beats oder nervige Kompositionen zu bewahren.
Seine Kollektion schlafgerechter Musik bestand am Anfang aus sechs CDs. Er selbst suchte Kontakt zu Künstlern der sogenannten Ambient-Musik mit sphärischen, sanften Klängen, um deren Musik spielen zu können. Mittlerweile bekommt Watson mehr Musik zugeschickt, als er spielen kann.
Was genau gute Einschlafmusik ausmacht, sei schwierig zu beschreiben. «Stücke, die mir gefallen, mag meine Frau oftmals nicht», meint er. Doch allgemein gelten langsame Instrumentalstücke ohne erkennbaren Beat als die besten Schlafbringer.
Sein «Sleep Radio» finanziert Watson aus dem eigenen Sack sowie mit Spenden von Fans. «Es kostet uns ein paar Tausend Dollar im Jahr, den Sender zu betreiben, aber wir betrachten es als Investition, denn es hilft anderen», sagt er. Und verweist auf so manchen Post dankbarer Hörer auf der Facebook-Seite des Radios, auf der er sich mit anderen Betroffenen auch über Einschlaftipps austauscht.
Ein Nutzer der App habe geschrieben, so wie das Radio müsse «der Himmel sein». Und eine Frau erzählte, die Musik habe ihr geholfen, sich bei der Geburt zu entspannen. Der DJ weiss zudem, dass Sleep Radio in Kinderbetreuungsstätten, Bars und Spas im Hintergrund plätschert.
Sein Sender sei der einzige auf der Welt, der erreichen wolle, dass seine Hörer wegnicken, betont Watson. Und schätzt, dass rund 70 Prozent seiner Zuhörer tatsächlich schlafen.
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