Sehbehinderte fürchten sich vor willkürlich parkierten E-Trottis

Werden E-Trottinetts an willkürlichen Orten abgestellt, können diese für Blinde und Sehbehinderte eine Gefahr werden. (Archivbild vom Pilotprojekt mit Voi)
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Seit einigen Wochen sieht man sie überall in St.Gallen: die E-Trottinetts der Berliner Firma Tier. Die Stadtpolizei und Betreiber ziehen bis jetzt ein positives Fazit – doch für Blinde können falsch parkierte E-Trottis zur Stolperfalle werden.

Wenn Giuseppe Porcu durch die Stadt läuft, hat er den weissen Blindenstock bei sich. Die weissen Blindenmarkierungen am Boden sind seine Orientierung. «Es ist mir im letzten Jahr während der Pilotphase der E-Trottinetts passiert, dass sich mein Blindenstock in einem willkürlich platzierten E-Trottinett verfangen hat», sagt Procu vom Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband. Der Stock sei ihm dabei aus der Hand gefallen, diesen wiederzufinden, sei nicht einfach gewesen.

Das ist eines von mehreren Beispielen, die der Leiter des SBV Sektion Ostschweiz ausführt. Die rund 300 E-Trottinetts, die es in der Stadt St.Gallen gibt, sind für Blinde und Sehbehinderte ein Problem. Besonders, wenn sie mitten auf dem Trottoir oder – noch problematischer – mitten auf den weissen Bodenmarkierungen für Blinde stehen.

Nicht nur für Blinde ein Problem

«Das ist keine Schnapsidee von Blinden und Sehbehinderten. Es können auch Rollstuhlfahrer, ältere Menschen und Personen mit Kinderwagen sein, die keine Möglichkeit haben, einem parkierten E-Trottinett auszuweichen», fasst Porcu die Problematik zusammen. Er erzählt von einem Mann im Rollstuhl, der jemanden kommen lassen musste, um ein E-Trottinett aus dem Weg zu räumen. Ihm reichte die Kraft nicht, dies selbständig zu tun. Ein Vorfall, der zu vermeiden wäre, wenn die Fahrzeuge richtig parkiert werden würden.

Wie man E-Trottinette richtig parkiert

Ja, man kann die E-Trottinetts an vielen Orten abstellen. Nein, nicht überall, denn auch hier gibt es Regeln. «Neben einem parkierten E-Trottinett muss es auf dem Trottoir noch eineinhalb Meter Platz haben, um vorbeizukommen», sagt Roman Kohler, Sprecher der Stadtpolizei St.Gallen, das sei gesetzlich so festgelegt. Werde diese Regel eingehalten, könne man sich als Normalbürger zwar per se am E-Trottinett stören, parkiert sei dieses jedoch korrekt. Melden kann man dies trotzdem der Firma Tier, die sich darum kümmert – mit einer Reaktionszeit von unter einer Stunde. «Wir haben bis jetzt aber erst wenige Meldungen wegen störender Fahrzeuge erhalten», sagt der Geschäftsführer von Tier in der Schweiz, Emre Argön. Jeweils am Abend sammeln die Angestellten von Tier alle abgestellten E-Trottis wieder ein und bringen sie zurück auf die vorgesehenen Parkplätze. Und fällt ein parkiertes E-Trotti mal um, sei dies bei ihnen im System sofort ersichtlich und werde vor Ort behoben.

Sollte ein parkiertes E-Trottinett jedoch eine Gefahr für Blinde und Sehbehinderte, Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen darstellen, oder wurde die Eineinhalb-Meter-Regel nicht einhalten, kann dies der Stadtpolizei gemeldet werden.

Keine Fälle in St.Gallen bekannt

Die ersten Wochen mit den neuen E-Trottinetts in der Stadt St.Gallen sind aus Sicht der Polizei und der Firma Tier gut verlaufen, beide ziehen eine positive Bilanz. Weder der Firma Tier noch der Stadtpolizei St.Gallen ist ein solcher Fall bekannt, wo ein falsch parkiertes E-Trottinett als Stolperfalle für eine beeinträchtigte Person gemeldet wurde.

Und damit dies auch so bleibt, hat Giuseppe Porcu eine Bitte an die St.Galler E-Trotti-Fahrerinnen und -Fahrer: «Es ist schön, dass wir diese moderne Möglichkeit der E-Trottinetts haben. Aber diese sollten bitte nur da abgestellt werden, wo sie keine Stolperfalle werden können.»

FM1Today-Reporter Christoph Turnherr hat vor einem Jahr einen E-Scooter getestet

Quelle: Video: FM1Today / Rahel Röthlin

veröffentlicht: 2. September 2020 05:41
aktualisiert: 2. September 2020 05:41
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