Rorschacher Garagist gründet Auto-Selbsthilfegruppe und rennt offene Türen ein

Die regionale Facebook-Gruppe soll Unsicherheiten in Sachen Auto beheben (Symbolbild).
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Obwohl fast alle ein Auto haben, sind viele damit überfordert, findet der Rorschacher Garagist Peter Schenkel –und will Hilfe bieten. Sein Angebot in Form einer Facebook-Selbsthilfegruppe kommt sehr gut an: Innerhalb kürzester Zeit kamen hunderte Mitglieder zusammen.

«Beim Fiat 500 meiner Freundin lässt sich der Kofferraum nicht mehr öffnen. An was könnte das liegen? Den Kabelstrang beim Kofferraum haben wir bereits ausgewechselt. An dem lag es nicht. Mechanisch lässt er sich von innen noch öffnen», schreibt ein Nutzer in der relativ neuen Facebook-Gruppe «Autofahrer Region Ostschweiz St.Gallen-Appenzell».

Und ihm wird schnell geholfen: Der Administrator Peter Schenkel weist ihn darauf hin, dass wahrscheinlich etwas falsch angeschlossen wurde oder ein Schalter defekt ist. Schenkel hat die Gruppe selbst gegründet und ist Garagist in Rorschach. Ein Angebot für die Behebung des Problems gibt er jedoch nicht ab – denn bei der Gruppe geht es ihm weder um Werbung, noch um Profit.

Community-Selbsthilfe

Seit der Gründung Ende Januar ist die lokale Gruppe auf mehr als 700 Mitglieder angewachsen. Das Ziel ist, dass sich die Mitglieder – darunter sind laut Schenkel viele Leute vom Fach – gegenseitig helfen können. In dieser Branche gebe es viel Misstrauen und eine unabhängige Zweitmeinung könne Gold wert sein, meint Gründer Schenkel.

«Die Hemmschwelle für Betrug ist in den letzten Jahren gesunken», sagt der Rorschacher Garagist gegenüber FM1Today. Er muss es wissen. Schenkel ist seit 35 Jahren im Geschäft und quasi in der Garage grossgeworden.

Er wolle niemanden schlecht reden, doch insbesondere durch die Leidensgeschichten in der Gruppe erfahre er von teilweise haarsträubenden Fällen. «Etwa wenn Garagisten ahnungslose Kunden mit nicht funktionstüchtigen Bremsen auf die Strasse lassen», sagt Schenkel.

Werbung ist verboten

Zwar sei es schon so, dass sich die Gruppe eher positiv aufs Geschäft auswirkt – doch er gebe nie ein Angebot ab oder versuche von sich aus, die Fragestellenden zu sich in die Werkstatt zu holen. «Wir haben nicht wirklich Kapazität für Neukunden und sind sehr ausgelastet», sagt Gruppengründer Schenkel, «dazu gilt in der Gruppe absolutes Werbeverbot. Für mich und die anderen Garagisten».

Auch einen Preiskampf lehne er ab. «Wir erhalten viele Nachrichten, was dieses oder jenes kostet», sagt Schenkel. Generelle Aussagen seien aber schwierig, das müsse immer im Einzelfall bewertet werden – und es gehe keinesfalls darum, Preise zu drücken, im Gegenteil: «Viele, die dem Preis nachgehen, landen danach in der Gruppe und brauchen Hilfe.»

Mitglieder feiern die Gruppe

Das Konzept scheint anzukommen. Von Reparatur- oder Abklärungsempfehlungen über Preisschätzungen oder allgemeine Tipps und Erfahrungen im Umgang mit Autos, die Facebook-User aus der Region posten ihre verschiedenen Anliegen und erhalten schnell Hilfe in einer Umgebung, wo es ausdrücklich «keine blöden Fragen gibt».

Die Hilfe kommt teils von erfahrenen Hobby-Schraubern oder Garagisten, meist ist es aber Experte Schenkel, der seine Expertise abgibt. Der Umgangston ist bemerkenswert freundlich, was bei bei den Mitgliedern sehr gut ankommt. Und: Auch weitere Ableger sind geplant.

Gruppen in anderen Regionen

«Die Autohilfe ist betont regional. Deswegen bin ich in Kontakt mit mehreren anderen Werkstätten, um in anderen Regionen auch solche Gruppen aufzubauen. Das Ziel ist ein Netz von Autohilfe-Gruppen», sagt Schenkel.

So gut wie die Regionalgruppe St.Gallen-Appenzell ankommt, ist es gut möglich, dass in anderen Regionen ebenfalls ein Bedürfnis nach unkomplizierter Autohilfe besteht. Das Ganze habe aber auch einen Preis, sagt Gruppen-Urvater Schenkel, er investiere dafür gut und gerne eine Stunde pro Tag. «Aber die Hilfe fühlt sich gut an. Es ist eine gefreute Sache und mir ist der kommunale Gedanke wichtig», sagt er.

Wichtig ist ihm auch die Niederschwelligkeit der Gruppe. Auch hier will er noch mehr tun und bald Vorstellungsvideos zusammen mit seiner Frau aufnehmen, die ebenfalls mithilft. Es sei eben doch einfach, bei Leuten um Hilfe zu fragen, die man irgendwie kennt – und sei es nur von einem Video in einer Facebook-Gruppe.

veröffentlicht: 11. April 2023 07:38
aktualisiert: 11. April 2023 07:38
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