Ostschweiz
St. Gallen

Kaffeebohnenpreis steigt: Was bedeutet das für kleine Röstereien?

Bohnenpreis steigt: Was bedeutet das für kleine Röstereien?

Emil Underberg betreibt ein Café in St.Gallen mit eigener Rösterei in Rorschach.
© FM1Today/Marian Märki
Der Preis für Kaffeebohnen ist derzeit auf einem Höchststand. Doch wie setzt sich der Preis zusammen? Und was hat der Preisanstieg für kleine Röstereien zur Folge? Ein St.Galler Kaffee-Kenner klärt auf.

Es ist etwas, das sich die meisten am Morgen gönnen: eine gute Tasse Kaffee. Doch der Wachmacher könnte bald teurer werden. Die Preise für Kaffeebohnen sind derzeit so hoch wie seit 45 Jahren nicht mehr, berichten die CH-Media-Zeitungen. Die Sorte Robusta beispielsweise ist um 60 Prozent teurer geworden. Das dürfte sich bald in den Supermarktregalen widerspiegeln.

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Doch was bedeutet dieser Preisschock für kleinere Röstereien und Kaffee-Manufakturen? Müssen sie um ihre Existenz fürchten? Und wie setzt sich der Preis überhaupt zusammen? Wir haben Emil Underberg, Inhaber des Barista-Specialty Coffee & Bar in St.Gallen und selbst Röster in Rorschach, diese Fragen gestellt.

Um diesen Sachverhalt zu klären, müssen wir vorne anfangen. Nämlich bei der Zusammensetzung des Preises.

Anfällige Lieferkette und mehr Kaffee-Fans

Dieser Ablauf ist allerdings anfällig. So kann das Wetter beispielsweise dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung machen. Stimmen die Umweltbedingungen nicht, können die Bauern teilweise die Menge gar nicht liefern, die der Markt braucht. Dadurch steigt der Preis ebenfalls. Emil Underberg nennt als Beispiel die aktuelle Trockenphase in Vietnam, die zu einer Verknappung des Robusta-Kaffees führt. Und auch beim Transport gab es beispielsweise Probleme während der Pandemie mit den fehlenden Schiffscontainern oder als das Boot «Evergreen» den Suezkanal blockierte. Aktuell würden die Rebellen am Roten Meer den Schiffsverkehr stören.

Und gemäss Emil Underberg kommt noch ein weiterer Faktor hinzu. Der Kaffeekonsum ist in den vergangenen Jahren weltweit immer weiter angestiegen. Zudem erobert das Bohnengetränk mit über 20 Prozent Wachstum pro Jahr den asiatischen Raum.

Die Preise der Bohnensorten beeinflussen sich

Kaffee wird in fünf Hauptsorten unterteilt, wobei Arabica-Bohnen mit 57 Prozent und die Robusta-Bohnen mit 42 Prozent den Markt klar dominieren. Erstere sind geschmacklich interessanter, letztere robuster und einfacher im Anbau. «Robusta-Bohnen werden beispielsweise häufig in Instantkaffee oder günstigeren Espresso-Mischungen eingesetzt. Durch den Ernteausfall in Vietnam sind die Preise für Robusta gestiegen, was einige Händler dazu bewegte, die normalerweise teureren Arabica-Bohnen zu kaufen, weil diese in diesem Moment teilweise günstiger waren», erklärt Emil Underberg. Durch diese erhöhte Nachfrage stieg auch der Preis bei den Arabica-Bohnen.

Qualitätskaffee ist preisstabiler

Der erhöhte Preis der Bohnen hat auch Konsequenzen für Emil Underberg und seine Rösterei. Allerdings nicht in einem so grossen Ausmass, wie man vermuten könnte. Der Grund ist Underbergs Passion für Spezialitätenkaffee. Der Kaffee-Sommelier versucht, seinen Kaffee so direkt wie möglich beim Bauern zu beziehen.

Hinzu kommt sein Qualitätsanspruch: «Ich verarbeite nur sogenannten Specialty Coffee. Dieser Kaffee wurde von Experten bewertet und muss mindestens eine Punktzahl von 80 Punkten aus 100 haben. Das ist mit gerade einmal rund vier Prozent ein sehr geringer Teil des Weltkaffees.»

Das hat einen entscheidenden Vorteil, wie Underberg ausführt: «Da wir uns hier schon im hochwertigen Bereich befinden, also die Nachfrage im Vergleich zum unteren Segment nicht so hoch ist, sind die Schwankungen hier auch geringer beziehungsweise weniger gravierend.»

Ausserdem sei er flexibler bei der Bohnenauswahl als eine Grossrösterei. Dennoch sagt auch Underberg, dass durch den Preisanstieg der Bohnen und der allgemeinen Teuerung die Tasse in der Gastronomie und der Kaffeepreis im Handel langfristig klar teurer werden müssen.

Laut Underberg sei der bis anhin stabile Tassen-Preis darauf zurückzuführen, dass bisher die Röstereien die Aufschläge nicht eins zu eins weiterverrechneten. «Viele der bisherigen Schwankungen, beispielsweise bei der Pandemie, wurden immer von jemanden geschluckt, um die Stabilität zu gewährleisten.» Auf längere Zeit können die Röstereien die Preisschwankungen aber nicht mehr tilgen und müssen eine Preiserhöhung vornehmen oder die Qualität mit günstigerem Kaffee senken.

Gehen die kleineren Röstereien nun zu?

Underberg schätzt die Lage für kleinere Röstereien, die wie er im Spezialitäten-Sektor unterwegs sind, als herausfordernd, aber machbar ein. Da habe man in der Schweiz einen Standortvorteil: «Wir haben das Glück, dass wir uns hochwertigen Kaffee leisten können.»

Zudem sei das kleinere Bestellvolumen von kleineren Manufakturen ein Vorteil: «Ein Franken mehr oder weniger pro Kilo ist zwar spürbar und nicht zu unterschätzen, aber macht bei mir jetzt nicht so viel aus, wie wenn ich 20 Schiffscontainer bestellen würde. Dazu kommt, dass ich den Franken dem Bauern gerne für seine schwere Arbeit gebe.»

Die grosse Schliessungswelle befürchtet er also nicht. Denn die kleinen Röstereien seien hart im Nehmen. Das habe die Corona-Krise gezeigt: «Die kleinen Betriebe mussten durch harte Zeiten und haben viel geopfert. Um zu überleben, gaben sie alles – aus Liebe und Passion zum Produkt. Darum glaube ich, dass sie sich durchbeissen werden.»

veröffentlicht: 16. Mai 2024 06:06
aktualisiert: 16. Mai 2024 06:06
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