Würdest du deine Organe spenden?

Franz Immer, Direktor Swisstransplant und Herzchirurg.
© zVg
Würdest du nach deinem Tod deine Organe spenden? Viele überlegen sich das im Alltag gar nicht so sehr. Derzeit ist die Organspende in der Schweiz aber wieder aktuell. Eine Initiative möchte erreichen, dass jeder in der Schweiz automatisch Organspender ist, es sei denn, er spricht sich ausdrücklich dagegen aus. Wie steht die Kirche zum Thema?

In der Schweiz stehen rund 1500 Menschen auf der Warteliste für ein Organ. Franz Immer, Direktor Swisstransplant und Herzchirug, sagt, es gebe in der Schweiz zu wenig Spendeorgane.

«Die Sterberate für die Menschen auf der Warteliste liegt bei rund zwei Todesfällen pro Woche. Wir verlieren pro Jahr gegen hundert Patienten, weil wir nicht rechtzeitig ein Organ finden», sagt Immer. Er würde es deshalb gut finden, dass jeder in der Schweiz Organspender werden soll.

In vielen Ländern Europas ist das bereits heute so. Ausser in England, Deutschland und der Schweiz. Hier muss ein Organspendeausweis beantragt werden. Eine Altersbegrenzung gibt es bei der Organspende nicht, keiner ist zu alt, seine Organe zu spenden. Der älteste Spender im vergangenen Jahr war 88 Jahre alt. Aber auch das Herz und die Lunge kann man spenden, bis man 70 Jahre alt ist.

Patienten retten im Vordergrund

Das klare Argument für die Organspende ist natürlich, dass man damit Leben retten kann. Bei diesem Thema gibt es aber auch Gegner.

Eines der Argumente dieser Gegner ist, dass ein Organspender bei einem Unfall sicher weniger lang wiederbelebt werde, weil man froh sei, dass er stirbt, damit man die Organe früher entnehmen kann.

Immer kann diese Angst verstehen, er kann die Menschen aber auch beruhigen. «In der Notaufnahme oder Intensivstation ist die Organspende kein Thema. Die Ärzte und Pflegefachkräfte versuchen alles menschenmögliche, um den Patienten zu retten und die nötigen Massnahmen zu ergreifen, damit er wieder nach Hause gehen kann», sagt Immer.

Ein weiteres Kontra-Argument der Gegner ist, dass man nach dem Tod gar nicht bestimmen kann, wer das Organ erhält.

In der Schweiz warten rund 1500 Menschen auf ein Organ. Bild: zVg

Lange abgelehnt

Wie steht die Kirche zum Thema? Lang hat man befürchtet, dass eine Organspende das Leben im Jenseits unmöglich mache. Deswegen wurde die Organspende von religiösen Menschen lange abgelehnt. Heute ist das anders.

Die Kirchen und die meisten Religionsgemeinschaften sind heute für die Organspende. Für sie ist es ein Zeichen von Nächstenliebe - unabhängig davon, wer das Organ erhält, sagt FM1-Pfarrerin, Charlotte Küng.

Kirche hat es verurteilt

Es wird von der Kirche empfohlen, Organspender zu sein, es sei aber keineswegs eine Verpflichtung. Dass auch die katholische Kirche heute diese Position einnimmt, ist gar nicht so selbstverständlich.

Denn als 1954 die erste Lebendspende einer Niere gelungen ist, hat die katholische Kirche gemeint, das sei Selbstverstümmelung und hat es verurteilt. Doch nicht nur das war ein Problem, die offizielle Kirche und viele Gläubige hatten noch lange das Gefühl, dass die Organspende ein Problem für die leiblichen Auferstehung sei.

Die Idee dahinter ist, dass der Körper und die Seele am Ende der Zeit wieder zusammenkommen. Wenn dann Organe fehlen, würde das nicht mehr funktionieren, so die Ansicht damals.

Entscheidung treffen, ist wichtig

Mit der Zeit hat sich dann aber auch in der katholischen Kirche die Überzeugung durchgesetzt, dass der Auferstehungsleib ein Geschenk Gottes sei und deshalb nicht mehr an die Atome des jetzigen Körpers gebunden sei.

Die Kirche hat in diesem Punkt gezeigt, dass sie ihren Standpunkt überdenken kann und offen für den Fortschritt sei. «Trotz dieser Offenheit verschiedener Religionsgemeinschaften gibt es noch immer viele Menschen, die aus religiösen Gründen Vorurteile gegenüber der Organspende haben», sagt Küng. Dann sei es nicht möglich, dem Widerstand mit rationalen Argumenten entgegenzutreten.

«Unabhängig davon, ob man dafür oder dagegen ist, finde ich es wichtig, dass man sich überhaupt entscheidet. Vor allem auch wegen den Menschen, die man gern hat. Denn diese sind es, die sonst eine Entscheidung darüber treffen müssen», so Küng.

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Stefanie Rohner
veröffentlicht: 10. Juni 2018 08:28
aktualisiert: 10. Juni 2018 08:28
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