Zunahme der Corona-Fälle: «Saisonabbruch ist möglich»

Leeren sich die Spielerbänkli auf Ostschweizer Fussballplätzen bald wieder?
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Diese Woche beginnt die Meisterschaft in den Amateurligen des Ostschweizer Fussballverbands. Doch bereits im Vorfeld melden mehrere Vereine Ansteckungen mit dem Coronavirus. Der Verband stellt den erneuten Saisonabbruch in Aussicht.

Die ersten beiden Runden des regionalen Cups wurden bereits wieder gespielt. Und zumindest in den unteren Ligen des Amateurfussballs sieht das aus wie immer: ein paar Dutzend Zuschauer, Bier, Bratwurst.

Nachdem die letzte Saison nach der Hinrunde wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie unvermittelt abgebrochen wurde, stellt sich gerade nach den Cupspielen eine gewisse Vorfreude bei Spielern und Vereinen ein. Die Aussicht auf den Start der Meisterschaft und damit etwas Normalität im Breitensport beflügelt viele Amateursportler.

Fälle in Altstätten, Montlingen und St.Gallen

Doch Corona könnte auch dieser Saison einen Strich durch die Rechnung machen. Grund sind Ansteckungsfälle bei verschiedenen Ostschweizer Vereinen. Vorgestern Sonntag meldete etwa der FC Altstätten einen Corona-Fall.

«Die Nachverfolgung hat in unserem Fall sehr gut funktioniert», sagt Interimspräsident Orlando Dopple gegenüber FM1Today. In Rücksprache mit der Kantonsärztin habe man die Massnahmen festgelegt. Die gesamte zweite Mannschaft sei in Quarantäne.

Die erste Mannschaft darf in dieser Zeit nicht trainieren, weil zwei Spieler bei beiden Mannschaften im Training waren. Alle geplanten Spiele der Aktivmannschaften bis 23. August müssen verschoben werden.

Mit dem FC Montlingen bestätigt ein weiterer Rheintaler Club die erste Ansteckung mit Covid-19. Ein Spieler der dritten Mannschaft habe sich angesteckt. Laut Verbandsinformationen nahm der Spieler an der Hauptversammlung des Vereins teil, weswegen auch Spiele der ersten Mannschaft und der A-Junioren abgesagt werden mussten.

Auch der FC Rotmonten in St.Gallen bestätigt gegenüber FM1Today einen ersten Ansteckungsfall. «Dem Spieler geht es soweit gut, es ist kein schwerer Fall. Dennoch befinden sich die Spieler der ersten Mannschaft in Rücksprache mit der Kantonsärztin in Quarantäne», sagt Sportchef Noah Horlacher.

Ebenfalls bestätigte Fälle gab es beim FC Walenstadt, bei Bad Ragaz und beim FC Gossau.

«Die Saison kann abgebrochen werden»

Die Meisterschaft ist noch keine Spielminute alt, dennoch treten Fälle auf. Doch die Mannschaften der Ostschweiz beginnen erst jetzt damit, im Wochenrhythmus gegeneinander zu spielen. Die Vereinsvertreter sind sich einig: Es dürfte einige weitere Fälle geben.

Die verschobenen Spiele verengen den Spielplan zusehends, es entstehen englische Wochen. Mit einer Zunahme der Fälle rechnet auch Stephan Häuselmann, Präsident des Ostschweizer Fussballverbands (OFV): «Ich gehe davon aus, dass die Ansteckungen erst im Spätherbst wieder abflachen werden.»

Auch ein erneuter Saisonabbruch sei möglich. Das Reglement soll dafür extra erweitert werden. «Wir erwarten diese Woche eine Anpassung des Schweizerischen Fussballverbands. Zum einen soll festgehalten werden, dass die Saison abgebrochen werden kann. Andererseits geht es auch um die Wertung im Falle des Abbruchs», sagt Häuselmann.

Er glaubt, dass die jetzt startende Saison bei einem Abbruch nicht wie die letzte annulliert, sondern gewertet werden würde. Dies unter der Voraussetzung, dass mindestens die Hinrunde gespielt werden kann.

Wenn immer möglich verschieben

Es bestehen also bereits konkrete Pläne für einen erneuten Saisonabbruch. Mancher Vereinsangehöriger dürfte sich damit ins Frühjahr zurückversetzt fühlen, als es von einem Tag auf den anderen keinen Fussball mehr gab, gefolgt von Wochen der Unsicherheit.

Und jetzt, wo es endlich weitergehen soll, hängt das Schwert des Damokles schon wieder über dem offenen Herz des Hobbyfussballers. Der Verband gibt sich jedoch kämpferisch. «Wir beim OFV haben uns entschieden, dass wir Fussball ermöglichen, und nicht verhindern wollen», sagt Häuselmann.

Wo Fälle auftreten, stehen Spielabsagen und -neuansetzungen im Fokus. «Wir werden mit dem einen oder anderen Spiel unter der Woche leben müssen», sagt Häuselmann. Für den Verband sei das ein enormer Mehraufwand, der aber gestemmt werden müsse.

Eine Obergrenze an Ansteckungszahlen für den Saisonabbruch sei nicht definiert. Aber: «Wenn uns die Ausweichtermine ausgehen, wird es schwierig.»

Ein erneuter Abbruch könnte Folgen haben

Auch von Seiten der Kantone könnten Probleme auf den OFV zukommen. Ihm angeschlossen sind Vereine aus dem Thurgau, St.Gallen, beider Appenzell, Glarus, Graubünden und Liechtenstein.

Sollte ein Kanton entscheiden, dass Fussball nicht mehr drinliegt, dann könnte das einen Einfluss auf die verschiedenen Meisterschaftsgruppen haben. Denn gerade in Grenzgebieten gibt es Gruppen mit Mannschaften aus verschiedenen Kantonen.

Die Saison 2020/2021 ist wenige Tage vor Beginn bereits angeschlagen. Immerhin – so Häuselmann – wollen alle Vereine unbedingt spielen. Auch das sei angesichts der Lage nicht selbstverständlich, sagt der Verbandspräsident.

Tatsächlich bleibt vielen Vereinen wohl kaum die Wahl. «Wenn auch diese Saison wieder abgebrochen wird, dann stehen wir ohne Zuschauereinnahmen und Festwirtschaft langsam vor einem Problem», sagt Orlando Dopple, Interimspräsident von Altstätten.

König Fussball kehrt zum gemeinen Volk zurück. Aber das Virus hat seinen Thron bereits angesägt.

veröffentlicht: 18. August 2020 05:58
aktualisiert: 18. August 2020 07:35
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