Ostschweiz
St. Gallen

Zum Tod von OASG-Gründer Freddy «Gagi» Geiger: Weggefährten erinnern sich

«Gagi» Geigers Weggefährten erinnern sich: «Er war ein Paradiesvogel»

Quelle: TVO

Die Ostschweiz trauert um jemanden, der das kulturelle Leben in St.Gallen mehr als prägte. Die Rede ist von Freddy «Gagi» Geiger. Der Vater des OpenAir St.Gallen verstarb im Alter von 68 Jahren. Seine Weggefährten erinnern sich.

Er war Feuer und Flamme für die Musik, hatte mit Schicksalsschlägen zu kämpfen, gab nie auf und schaffte ein Ereignis, das genauso Teil der Ostschweizer DNA ist wie der FC St.Gallen oder die Olma. Nun muss die Ostschweiz Abschied nehmen vom «Vater» des OpenAir St.Gallen, Freddy Geiger. Diese traurige Nachricht geht aus einer Todesanzeige vom Montag hervor. «Gagi», wie er liebevoll von allen genannt wurde, wurde 68 Jahre alt.

Das OpenAir St.Gallen verabschiedet seinen Schöpfer auf Social Media mit viel Wehmut. «Dank deiner Vision fand 1977 das erste Festival unter freiem Himmel auf dem Ätschberg in Abtwil statt», ist zu lesen. Geiger und seine Mitstreitenden legten damals den Grundstein für jenes Openair, welches St.Gallen auch heute noch auf die musikalische Landkarte setzt. Es wurde eine Plattform für lokale und internationale Künstlerinnen und Künstler geschaffen.

Auch wenn Musik bei einem Festival zentral ist, für «Gagi» war es immer mehr als das. Es ging dem St.Galler Musik-Messias um junge Kultur, um ein friedliches Gemeinschaftserlebnis in der Natur. Das wird auch in den Gesprächen mit seinen Wegbegleitern deutlich.

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Geiger prägt Generationen

Andreas B. Müller, selbst langjähriges Mitglied der OASG-Geschäftsleitung, bezeichnet ihn liebevoll als Vorbild: «Er hat mich massgeblich beeinflusst und geprägt.» Ohne das Openair in Abtwil hätte er vermutlich einen anderen beruflichen Werdegang eingeschlagen. Und er sei vermutlich nicht der einzige: «Geiger hat Wellen geschlagen – wie ein Stein, der ins Wasser fällt. Diese Wellen sind immer noch in Bewegung. Er hat andere begeistert, motiviert und inspiriert.» Freddy Geiger sei ein «Wahnsinniger» gewesen. «Wer hätte es damals schon gewagt, ein Openair in der Ostschweiz zu veranstalten», fragt Müller rhetorisch.

Kultur und Musik seien zwei grosse Lieben Geigers gewesen. «Gagi» war in mehreren St.Galler Kulturfördergremien aktiv. Und auch Trends habe er gesetzt. Was Geiger hörte, wurde plötzlich auch von anderen gehört. «Er hat Menschen in neue Welten eingeladen», formuliert es Müller.

Geiger sei ein Paradiesvogel gewesen, ein mutiger Kämpfer. Müller vergleicht ihn mit dem schwarzen Ritter aus Monty Python: «Freddy hat immer gekämpft. Auch wenn ihm ein Arm abgeschlagen worden wäre, hätte er weiter gemacht.» Das merkte Müller auch bei seinem letzten längeren Gespräch mit Geiger. Geiger hatte mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, verlor unter anderem sein Augenlicht und war auf Unterstützung angewiesen. «Trotzdem war er mit sich und der Krankheit im Reinen», erinnert sich Müller.

Der stille Macher

Geiger sah sich selbst stets im Hintergrund und diente der Sache. Das Rampenlicht war nichts für ihn. Der Festivalvater hatte klare Ansichten und Meinungen, sah diese aber nicht als absolut an, war offen für andere Ansätze. Als Beispiele nennt Müller beispielsweise die Einführung von Alkohol auf dem Festivalgelände. Geiger sprach sich immer dagegen aus, meckerte aber nie dagegen in der Öffentlichkeit. Man habe stets das Gespräch mit Geiger suchen können. Der Dialog war ihm wichtig.

Glückliche Gesichter: Freddy «Gagi» Geiger und OASG-Leiter Christof Huber an einer Podiumsdiskussion im Jahr 2012.

© St.Galler Tagblatt/Michel Canonica

Auch bei Geigers «Kind», dem OpenAir St.Gallen, ist man sichtlich traurig über die Nachricht. Über Geigers Stellenwert lässt man keinen Zweifel aufkommen. So sagt Christof Huber, der aktuelle Festivalleiter des OASG, ziemlich deutlich: «Ohne Freddy gäbe es kein OASG.» Huber habe sich stets über Geigers Festivalbesuche und die damit verbundenen Gespräche gefreut. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme schaffte er den Weg ins Sittertobel aber in den letzten Ausgaben nicht mehr.

«Gagis» Handschrift immer noch im Sittertobel sichtbar

Huber ist bereits Teil der zweiten Festivalgeneration nach Geiger. Direkt zusammengearbeitet haben sie nie. Dennoch sei «Gagis» Einfluss auch jetzt immer noch spürbar im Sittertobel, wie Huber versichert. Das OASG sei ein Ort, an dem die Leute zusammenkommen, Musik geniessen, sich austauschen und wichtige Themen diskutieren – ganz so, wie es sich Geiger 1977 vorgestellt hatte.

Doch nicht nur im Geiste des Festivals hinterlässt Geiger seine Spuren, sondern auch in greifbareren Dingen. Beispielsweise die runde Bühne oder auch das Konzept mit dem Zelten auf dem Festivalgelände im Sittertobel sind alles Dinge, die aus Geigers Feder stammen.

Das OASG sei das Erbe Geigers. Und dieses habe er nicht für sich behalten, sondern weitergegeben. «Für mich als Teil der neuen Generation ist er dadurch ein Vorbild. Er hat sich nie zu den Jahren geäussert, die er nicht veranstaltete. Er hatte Respekt davor, wie wir das Festival weiterführten, auch wenn es sich verändert hatte», sagt Huber. Er habe immer das Vertrauen und Interesse Geigers gespürt.

Huber wie auch Müller sprechen beide von einer grossen Lücke, die Geiger hinterlässt. Die Bedeutung Geigers für das Ostschweizer Kulturleben kann schwer in Worte gefasst werden. Das OASG ist kaum mehr wegzudenken, hat politisches und gesellschaftliches Gewicht. Es ist in der Ostschweiz längst eine Familienangelegenheit. Mehrere Generationen haben das Festival bereits besucht, sich dort verliebt, geweint, kennengelernt oder einfach nur Musik abgefeiert. Darum trauern wir gemeinsam um unseren «Festivalpapi» und können nur etwas sagen: Danke!

veröffentlicht: 22. Januar 2024 19:01
aktualisiert: 22. Januar 2024 19:01
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