Schneeschuhwanderer sterben durch Fall ins gleiche Karstloch
Quelle: TVO
Zu dritt liefen sie den Berg hinauf, als plötzlich einer von ihnen in ein sogenanntes «Karstloch» fiel. Obwohl die zwei Kollegen sofort die Rettung riefen, konnte der 34-jährige St.Galler nur noch tot geborgen werden.
Bereits in den zwei Wintern zuvor verunglückten auf derselben Strecke zwei Schneeschuhwanderer tödlich. Wie die Kantonspolizei St.Gallen auf Anfrage von FM1Today bestätigt, handelt es sich zumindest beim Unfall von diesem und letztem Jahr um das gleiche Karstloch.
So entstehen Karstlöcher
Aber was genau ist eigentlich ein Karstloch? Wie der Schweizer Alpen-Club (SAC) definiert, ist Karst die Bezeichnung für alle Landschaftsformen, welche durch Lösungswitterung – also Regen oder Schnee – in Kalk- und Gipsgestein entstehen. Dazu gehören beispielsweise Höhlen, Schächte, Karren- oder Schrattenfelder sowie Karstlöcher. Karst nimmt rund 20 Prozent der Landesfläche der Schweiz ein, unter anderem das Gebiet rund um die Churfirsten im Toggenburg.
Laut dem Schweizerischen Institut für Speläologie und Karstforschung (SISKA) entstehen Karstlöcher durch die langsame Auflösung des Kalksteins im Untergrund oder durch den Einsturz eines Hohlraums. Wasser spielt bei diesem Prozess eine entscheidende Rolle.
Regenwasser fliesst innerhalb der Bodenschicht an Versickerungsstellen. An diesen Versickerungsstellen löst das Wasser in Verbindung mit Kohlensäure dann schrittweise die Felsoberfläche auf, vergrössert Spalten und gelangt so in die Tiefe. Dort entstehen und wachsen die Hohlräume, welche später dann einstürzen können und dadurch ein Karstloch hervorbringen.
Somit können Karstlöcher in zwei Hauptkategorien unterteilt werden. Einerseits gibt es solche, die schon lange erkennbar sind und sich langsam vertiefen. Andererseits gibt es solche, die plötzlich einstürzen, beispielsweise wegen der Belastung durch eine weidende Kuh oder eines landwirtschaftlichen Fahrzeugs.
Der Mensch geht das Risiko ein
Neben dem plötzlichen Einsturz sind Karstlöcher für Menschen aber insbesondere im Winter gefährlich. Während sie im Sommer durch Absenkungen im Boden erkennbar sind, bleiben sie im Winter wegen des Schnees grösstenteils unentdeckt. Zwar sind in der Schweiz Karstgebiete bekannt und grosse, bekannte Karstlöcher sind auch auf Karten von Swisstopo verzeichnet. Gefahr besteht aber trotzdem.
Wie Silvan Ebneter, eidgenössisch diplomierter Bergführer, gegenüber TVO bestätigt, können verschneite Karstlöcher nicht erkannt werden. Je nachdem, wie viel Schnee darauf liegt, sehe man nicht einmal eine Vertiefung. «In den Bergen gibt es immer Gefahren und der Mensch geht mit diesen Gefahren ein Risiko ein», sagt Ebneter.
Zwar seien viele Karstlöcher auf Karten eingezeichnet, aber ein Restrisiko bleibe in den Bergen immer bestehen. Es ist daher sehr wichtig, dass man sich vor einer Schneeschuhwanderung eingehend über mögliche Karstlöcher informiere und nie allein unterwegs sei. Ausserdem kann das Risiko auch minimiert werden, wenn man sich schulen lässt oder statt auf eigene Faust mit einer Gruppe der SAC oder einem Bergführer mitgeht.
Mögliche Sicherheitsvorkehrungen werden geprüft
Auf die Frage, ob Beschilderung von Karstgebieten als Sicherheitsmassnahme helfen würde, meint der Bergführer: «Grundsätzlich hilft jede Warnung.» Es stelle sich aber für ihn die Frage, wer diese Massnahmen übernimmt. «Man befindet sich auf freiem Gelände – das ist nicht wie bei einem Skigebiet, wo jemand für die Sicherheit zuständig ist.»
Auf Nachfrage von FM1Today sagt Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen, es sei noch zu früh, um genaue Massnahmen zu nennen. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, wie beispielsweise die Beschilderung vor Ort oder allfällige bauliche Massnahmen. «Das Wichtigste ist aber, dass Leute, die sich nur schon für die Tour interessieren, auf möglichst viele Arten auf die Gefahr von Karstlöchern hingewiesen werden», so Schneider.
«Das Gebiet rund um den Selun ist ein Karstgebiet und in Karstgebieten gibt es Karstlöcher», sagt Schneider weiter. Es sei aber schwierig, das Gefahrenbewusstsein der Leute über längere Zeit aufrechtzuerhalten. Sie versuchen nun möglichst viele Player an Bord zu holen, um gemeinsam eine Lösung zu finden, wie man besser auf die Gefahr aufmerksam machen kann.
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