St.Galler Stadtrat hält wenig von städtischem Mindestlohn
Rund 144'000 Personen in der Schweiz sind von Armut betroffen und das, obwohl sie einer Arbeit nachgehen. Das zeigen Zahlen des Bundes. Als arm gilt demnach, wer als Einzelperson weniger als 2284 Franken im Monat zur Verfügung hat.
Wie viele Personen in der Stadt St.Gallen als Working Poor zählen, also arbeiten, aber damit nicht genug zum Leben verdienen, lässt sich nicht beziffern. Dazu existierten keine Zahlen, hält die Regierung in ihrer Antwort auf einen Vorstoss von Alexandra Akeret fest. Mit diesem hatte die SP-Stadtparlamentarierin die Einführung eines städtischen Mindestlohns angeregt.
Es könne nicht sein, dass jemand Vollzeit arbeite, aber trotzdem nicht genügend Mittel zum Leben habe, so Akeret. Tieflöhne brächten Einzelpersonen und Familien an den Rand der Existenz.
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Stadtrat ist gegen «isolierte Lösung»
Der Stadtrat stimmt Akeret zwar in einigen Punkten zu. So schreibt er: «Wir sind der Meinung, dass sich Arbeit lohnen muss.» Armut von Erwerbstätigen sei deshalb besondere Beachtung zu schenken.
Gleichzeitig macht die Stadtregierung deutlich, dass sie eine Umsetzung eines städtischen Mindestlohns nicht als gangbaren Weg betrachtet. «Eine isolierte Lösung für die Stadt St.Gallen kann das Problem nicht beheben.» Ohnehin würde zur Klärung der der Möglichkeiten der Verankerung eines städtischen Mindestlohns zuerst ein Rechtsgutachten erstellt werden.
Damit schlägt der Stadtrat in dieselbe Kerbe wie der Verband Gewerbe Stadt St.Gallen (GSG). Dieser hatte ins Feld geführt, St.Gallen würde bei einer allfälligen Einführung zu einer «Mindestlohn-Insel» werden. Das sei ein gefährliches Experiment und das GSG werde dies mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen.
SP will Thema weiterverfolgen
Vom Tisch ist das Anliegen derweil noch nicht. Akeret hat bereits angekündigt, nach ihrer Anfrage politisch nachlegen zu wollen. Das will sie nun tun. Wie genau ist noch offen. Die SP werde dies an den nächsten Fraktionssitzungen besprechen.
Die Argumentation des Stadtrats, es brauche zuerst ein Rechtsgutachten, bevor überhaupt über die Einführung eines städtischen Mindestlohns diskutiert werden könnte, lässt Akeret nicht gelten. Solche Rechtsgutachten seien in anderen Städten wie Zürich, Winterthur oder Kloten bereits erstellt worden und hätten gezeigt, dass ein kommunaler Mindestlohn möglich ist.