Schwarzer Engel ruft um Hilfe

Quelle: TVO

Das St.Galler Kultlokal Schwarzer Engel steht vor dem aus. Das teilt die Betreibergenossenschaft auf Instagram mit. Sie brauchen dringend Geld, sonst droht der Konkurs. Eigentlich wäre ein Crowdfunding angedacht gewesen. Dazu könnte es nun aber bereits zu spät sein.

«Hilfe! Schwarzer Engel im Sturzflug!» ist in einem Instagram-Post des Schwarzen Engels vom Mittwoch zu lesen. Die Genossenschaft, welche den Engel betreibt, benötigt dringend Geld, «sonst müssen wir in den nächsten Tagen den Konkurs anmelden», heisst es im Post weiter. Auf Anfrage von FM1Today bestätigt Michael Suter, welcher im Engel in der Administration und der Küche arbeitet und selbst Genossenschafter ist, die Hiobsbotschaft: «Wir brauchen bis Montag mindestens 30'000 Franken, um unser Eigenkapital zu erhöhen, sonst müssen wir wegen Überschuldung die Bilanz hinterlegen.»

Die Gründe für die Überschuldung seien laut Suter vielfältig. Als Hauptgrund nennt er die Massnahmen zur Pandemiebekämpfung vom vergangenen Winter. «Das Winterhalbjahr sorgt bei uns für den Hauptumsatz im Jahr. Dieser Umsatz fehlt uns jetzt», führt Suter aus.

Aktionen geplant – aber vielleicht zu spät

Die finanzielle Schieflage ist nicht neu. Im Sommer konnte die drohende Überschuldung auch dank des Vermieters noch abgewendet werden. Es waren auch bereits Aktionen wie ein Crowdfunding oder Solidaritäts-Konzerte für den November geplant. Ein erneuter Blick auf die Zahlen habe nun aber gezeigt, dass die Lage akuter sei. Fehlt das Geld Ende Oktober, dann sind diese Aktionen aber hinfällig.

In einer Mitteilung räumt die Genossenschaft auch Fehler ein: «Wir haben es verpasst, frühzeitig zu erkennen, wie schlimm die Situation sich darstellt.» Man zahle hier als selbstverwaltete, semi-professionell geführte Beiz, die auch durch viel Freiwilligenarbeit funktioniert, gerade Lehrgeld.

Genossenschaft kämpft um den Engel

«Aufgeben kommt für uns aber nicht in Frage», zeigt sich Suter kämpferisch. Er und auch die anderen Genossenschafter hoffen, dass sich bis am Montag noch zahlreiche Leute dazu entscheiden, einen Anteilsschein zu kaufen oder einfach sonst einen Betrag zu spenden. Dann könnten auch die Aktionen durchgeführt werden – und der Engel könnte nochmals seine Flügel ausbreiten und den Absturz abwenden.

Linke würden trauern

Die Geschichte des Schwarzen Engels, die mit der Gründung der Genossenschaft im Jahr 1986 begann, könnte also ein jehes Ende nehmen. Der Engel ist als sozialer und kultureller Treffpunkt für viele zu einem zweiten Zuhause und Wohnzimmer geworden – weit über eine alternative Szene hinaus. Auch für den Historiker und Alt SP-Kantonsrat Hans Fässler ist klar: «Der Engel ist eine Institution des linken, ökologischen, feministischen, kritischen St.Gallens.» Der Engel habe viel miterlebt. «Er ist ein wichtiger Teil der Stadt», ergänzt Fässler.

Auch die St.Galler Stadtpräsidentin Maria Pappa (SP), würde ein Verlust des Schwarzen Engels schmerzen. «Es wäre schade», erklärt sie gegenüber TVO, und ergänzt: «Der Engel hat eine lange Tradition und ist auch ein wichtiger Treffpunkt für viele junge Erwachsene.» EIne Schliessung würde ein Stück der Vielfalt der Stadt nehmen.

veröffentlicht: 26. Oktober 2022 19:23
aktualisiert: 26. Oktober 2022 22:37
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