Schallplatte aus der Telefonkabine – der Vinylomat kommt wieder nach St.Gallen

Äusserlich gleicht der Vinylomat einer Telefonkabine aus Holz. Im Inneren hats aber ein Tonstudio inklusive Schalplattenpresse
© z.V.g
Eine eigene Vinylplatte aufnehmen und gleich in den Händen halten – möglich macht das der Vinylomat. Am Record Store Day am Samstag, 22. April, kommt die spezielle Aufnahmekabine in den Klang und Kleid in St.Gallen.

Es ist der grosse Traum vieler Musiker, ist aber verbunden mit viel Aufwand und hohen Kosten: eine eigene Vinylplatte aufnehmen. Mit dem Vinylomat ist dies aber so einfach wie das Aufnehmen von Passfotos in einer Fotobox. Der Musiker oder die Musikerin geht rein und singt, direkt nach der Aufnahme ist die fertige Vinyl-Schallplatte abspielbereit.

Nur wenige Minuten dauert das Ganze. Zwei bis drei Minuten kann man aufnehmen, so lange, wie es eben auf einer Single-Platte Platz hat. Allerdings muss das Stück sitzen: Für die Aufnahme ist nur ein einziger Anlauf möglich. Ist das Lied verpatzt, ist die Scheibe futsch.

«Nur anhand von Bildern drauflosgetüftelt»

Gebaut wurde der Aufnahme-Schrank von Peter Leuenberger. Sein Vinylomat ist den Voice-O-Graphen aus den 50er-Jahren nachempfunden. Etwa zehn Stück wurden damals gebaut. Nur noch einer ist heute der Öffentlichkeit zugänglich und zwar im Studio des US-Musiker Jack White in Nashville. «Ich habe Bilder von diesem gesehen und er hat mich total fasziniert», erzählt der Tontechniker Leuenberger, der in der Innenschweiz ein Studio betreibt, wo er Vinylplatten herstellt.

Peter Leuenberger, der den Vinylomaten gebaut hat. 

© z.V.g

Anhand dieser Bilder habe er dann den Apparat nachgebaut. «Ich hatte nur diese Bilder und habe einfach drauflos gebaut. Nächtelang habe ich in meiner Garage getüftelt», erzählt Leuenberger und lacht dabei. Nicht ganz wie bei den Originalen ist bei Leuenbergers Kabine, dass die Maschine, die die Platten schneidet, neben und nicht direkt im Vinyolmaten verbaut ist.

Neil Young zeigt in der Kabine von Jack White nur mit Gitarre, Mundharmonika und seiner Stimme, wie die Aufnahmebox funktioniert.

Ursprünglich waren die Aufnahme-Kabinen für Grussbotschaften gedacht. Elvis habe eine seiner ersten Platten mit Liedern für seine Mutter in einem solchen Automaten aufgenommen, erzählt Leuenberger. Mit seinem Automaten tingelt er zu Firmenanlässen, Festivals oder Musikläden.

Zu siebt in der Kabine und Tränen der Freude

Am Record Store Day am kommenden Samstag, 22. April, kommt der Vinylomat nach St.Gallen in den Klang und Kleid. 2018 zum Jubiläum des Ladens war er dort bereits aufgebaut, zum ersten Mal überhaupt, und fand grossen Anklang, wie Pino Stinelli vom Klang und Kleid erzählt. «Es kamen ganze Bands, die sich zu sechst oder zu siebt in den Vinylomat gequetscht haben, Leute haben Songs aufgenommen, Poesie oder Liebeserklärungen, alles mögliche halt.»

So sieht es im Innern der Kabine aus.

© z.V.g

Gefreut hat sich damals auch Peter Leuenberger. «Da kam etwa ein junger Musiker und hat ein Lied von Bob Dylan eingespielt. Wir haben die Platte dann gleich im Laden gehört und ich musste mich hinter dem Vinylomaten verstecken, weil ich Tränen der Freude in den Augen hatte», erzählt er.

Kartonplattenspieler gibt es zur Platte dazu

Seine Aufnahmekabine ist neben Jack Whites in den USA vermutlich die einzige einsetzbare weltweit – noch. Leuenberger arbeitet derzeit an einem zweiten Vinylomaten für ein Musikmuseum.

Übrigens: Wer im «Schrank» eine Platte aufnimmt, braucht nicht mal einen Plattenspieler zu Hause. Mit der Single gibt es gleich noch einen stromlosen Karton-Plattenspieler mit auf den Weg.

veröffentlicht: 21. April 2023 10:06
aktualisiert: 21. April 2023 10:06
studio@radiofm1.ch