Ostschweiz
St. Gallen

Ökosystem Bodensee profitiert: Darum lieben Wels und Co. das Hochwasser

Steinacher Hafen wird zur Kinderstube: Darum lieben Wels und Co. das Hochwasser

Quelle: CH Media Video Unit / Linus Bauer

Die hohen Pegelstände des Bodensees sorgen bei den Anwohnenden für Sorgenfalten. Anders sieht es im Tierreich aus. Dort gibt es nämlich zahlreiche Profiteure.

Der Bodensee tritt über die Ufer, Keller werden geflutet, Schäden entstehen. Die Bodenseeanwohner und die Infrastruktur sind nicht gerade Fans von solchen Naturereignissen. Anders sieht es mit den Bodenseebewohnern aus.

Hohe Pegelstände sanieren Fischkinderstuben

Wie Jörg Schweizer, Fischereiaufseher des Kantons St.Gallen, gegenüber FM1Today erklärt, profitieren nämlich viele Fischarten vom Hochwasser. Als Beispiel nennt er den über 1,5 Meter langen Wels, der im Video oben zu sehen ist.

«Der Wels profitiert vom hohen Wasserstand, wie andere Arten auch, weil er nun in den überfluteten Grünflächen perfekte Laichhabitate vorfindet», erklärt Schweizer. Zum einen bleiben die Eier an den Pflanzen haften, zum anderen dienen die Gebiete der geschlüpften Brut – beim Wels dauert dies nur wenige Tage – eine gute Kinderstube mit genügend Nahrung.

Doch nicht nur die Fische profitieren vom hohen Wasserstand, sondern das gesamte Ökosystem Bodensee, wie Jörg Schweizer weiter ausführt. Damit gemeint sind Wasservögel, Amphibien, Wasserpflanzen und die gesamte Unterwasserwelt. Doch warum?

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Plankton als Nahrungskettenbooster

Die Antwort: Plankton. Das Plankton bildet die Grundlage der Nahrungskette. Dank der starken Wasserzuflüsse wird viel Sediment in den See getragen – und damit Nährstoffe. Diese wiederum sind das Futter von mikroskopisch kleinen Algen, sogenanntem Phytoplankton, beispielsweise Kieselalgen.

Diese wiederum sind die Nahrungsgrundlage des Zooplanktons. Diese kleinen Krebstierchen sind dann auf dem Speiseplan von Jungfischen und, je nach Art, auch von erwachsenen Fischen. Oder kurz gesagt: Da das Fundament der Nahrungspyramide breiter ist, gibt es auch oben mehr. Schweizer rechnet vor, dass 100 Kilogramm Algen 10 Kilogramm Plankton generieren, welche wiederum den Fischen einen Zuwachs von einem Kilogramm Körpergewicht verhelfen können.

So sieht Zooplankton aus dem Bodensee aus.

© zVg

Und diese positiven Effekte verpuffen auch nicht so schnell, wie Schweizer weiter ausführt. Als Beispiel nennt er den Felchen, der besonders profitiert. Der beliebte Speisefisch, der sich lebenslang von Plankton ernährt, ist im Bodensee massiv unter Druck. In anderen Jahren war der Fisch in tieferen Wasserschichten – über 30 Meter in Tiefe – anzutreffen, weil zu wenig Plankton in den oberen Schichten vorhanden war. Da nun der Tisch aber wieder reichlich gedeckt ist, sind die Felchen nun wieder näher an der Oberfläche.

Dicke Fische, die beissen

Und: Viele Felchen sind wieder wohlgenährt! «Wir haben bei Probefängen festgestellt, dass die Felchen, die über den Winter stark abgemagert waren, nun wieder eine gute Korpulenz aufweisen. Damit ist das Verhältnis zwischen Körperlänge und Gewicht gemeint», sagt Schweizer.

Dies hat zur Folge, dass die Fische im nächsten Jahr mehr Nachwuchs produzieren können. Und der diesjährige Nachwuchs hat einen reich gedeckten Tisch, wo er sich den Bauch vollschlagen und wachsen kann. Das weiss auch der Wels, der seine Brut im Steinacher Hafen bewacht.

Und nicht nur die Fische freuen sich, sondern auch die Fischer dürften ihren Gefallen an der jetzigen Situation finden. Die Fische beissen momentan nämlich besser an. Felchen, Forellen und Barsche sind nun besonders aktiv, weil sie nun das Nahrungsangebot voll ausnutzen wollen – und die Fischer proftitieren in den kommenden Jahren. Denn mehr Jungfische heisst mehr fangbare Fische.

veröffentlicht: 13. Juni 2024 13:16
aktualisiert: 13. Juni 2024 13:16