Fredy Fässler tritt nicht mehr an – wer erbt seinen Sitz in der St.Galler Regierung?

Mit dem angekündigten Wahlverzicht von SP-Regierungsrat Fredy Fässler wittert die SVP eine Chance, endlich einen zweiten Sitz in der Regierung zu holen. Die traditionell stark vertretene SP macht sich allerdings keine all zu grossen Sorgen.

Über die Rückkehr des schwer verunfallten St.Galler Regierungspräsidenten Fredy Fässler scheinen sich alle zu freuen – differenzierter ist die Stimmung, was seine Ankündigung, bei den nächsten Wahlen nicht mehr anzutreten, angeht. Die SP verliert damit ein beliebtes Urgestein in der Regierung, Fässler hätte wohl gute Chancen gehabt, den Sitz zu verteidigen.

Eine Chance wittert dagegen die SVP. Nach dem Ständerats-Coup von Esther Friedli würde die Partei nur zu gern endlich einen zweiten Sitz in der Regierung bekleiden.

Ein Sitz, der ihr zusteht, wie Kantonalpräsident Walter Gartmann gegenüber TVO betont: «Als wählerstärkste Partei in St.Gallen haben wir Anspruch auf zwei Sitze. Zuerst kämpfen wir darum, den von Stefan Kölliker zu ersetzen, den zweiten wollen wir aber auch.»

Eine Liste von Kandidaten

Die Wahl wird erst nächsten Frühling stattfinden, doch Gartmann fallen jetzt bereits einige mögliche Kandidaten ein. Er nennt etwa den Finanzkommissionspräsidenten Christof Hartmann, Kantonsratspräsidentin Claudia Martin, Kantonsrat Ivan Louis oder Nationalrat Mike Egger.

Das seien allesamt wählbare Kandidatinnen und Kanidaten, sagt Gartmann weiter. Trotzdem betont er die Wichtigkeit einer überparteilichen Zusammenarbeit – mit der Mitte-Partei und der FDP. «Der Kanton soll bürgerlicher werden und ich kann mir jeweils zwei Vertreter der SVP, FDP und der Mitte sehr gut als Team vorstellen in der St.Galler Regierung», sagt Gartmann.

Keine zu grossen Sorgen bei der SP

Eine Zusammensetzung, von welcher die SP nichts wissen will. Sie ist in der St.Galler Regierung seit langer Zeit stark vertreten – und das wird so bleiben, sagt Andrea Scheck, Präsident der SP St.Gallen: «Wir machen uns keine all zu grossen Sorgen. Die SP hat in der der Regierung immer wieder gezeigt, dass wir sehr gute Arbeit leisten und sehr gute Leute schicken.»

Sie hätten auch die Leute, um diesen Sitz zu verteidigen. Namen nennt sie jedoch nicht. Nach der verlorenen Ständeratswahl betont Scheck aber, dass eine Regierung anders zusammengesetzt ist: «Hier sind mehr Parteien vertreten, die als Team zusammenarbeiten. Darum hoffen wir auch, dass sich die Bürgerlichen wieder auseinanderdifferenzieren. Man will ja auch eine ausgewogene Regierung und nicht einfach eine rechte Übermacht.»

Offenes Rennen

Tagblatt-Chefredaktor Stefan Schmid sieht Argumente für beide Parteien: «Mit Blick in die Vergangenheit ist die Chance für die SVP nicht riesig. Die Partei ist schon lange die Grösste im Kanton, hat es aber nicht geschafft, den zweiten Sitz zu holen.»

Trotzdem sei es eine neue Wahl und damit eine neue Gelegenheit. Falls die SVP einen guten Kandidaten oder eine gute Kandidatin aufstellen könne, dann gebe es sicher ein gewisses Potenzial. Die SP hingegen sei eine traditionelle Regierungspartei im Kanton St.Gallen. «Hinter Fredy Fässler und Laura Bucher stehen verschiedene Personen bereit und die SP hat berechtige Hoffnungen, diesen Sitz verteidigen zu können.»

Auch wird es laut Schmid entscheidend sein, ob die Bürgerlichen ihre Zusammenarbeit wie bei der Ständeratswahl von Esther Friedli werden fortsetzen können. Zuerst kämen die Nationalratswahlen im Herbst und erst im Frühling 2024 werde auf kantonaler Ebene gewählt.

Und bis dahin, so Schmid, fliesse noch viel Wasser den Rhein hinunter.

veröffentlicht: 2. Mai 2023 20:49
aktualisiert: 2. Mai 2023 20:49
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