Countdown: 100 Stunden zum 100-Jahr-Jubiläum
Genau 100 Stunden vor dem Jubiläumstermin beginnt die Palace-Crew, das Haus und seine Geschichte zu würdigen. Das Haus wurde damals am 25. März 1924 als «Cinema Palace Theater» eröffnet. Seit seiner Gründung ist das Haus ein Ort pulsierender Vielfalt und kultureller Lebendigkeit. Dieses bunte Durcheinander widerspiegelt sich auch im aktuellen Feierprogramm, das am Mittwochabend um 20 Uhr startet und bis am Sonntag um Mitternacht pausenlos durchläuft.
Gedankt sei der Bau des heutigen Palace Jules Schulthess. Er war Elektromonteur in Oerlikon und engagierte sich politisch, so wurde er 1912 ins Stadtparlament gewählt. Nach rund neun Jahren im Amt zog er sich 1921 zurück – ein Zeitpunkt, der mit den Anfängen der Planungen für das Palace zusammenfällt.
Kinopionier bringt ersten Tonfilm nach St.Gallen
Der Wunsch nach einem modernen Kinobau in St.Gallen trieb Schulthess an. Als ehemaliger Zürcher vermisste er in seiner neuen Heimatstadt einen angemessenen Ort für Filmvorführungen. Die bereits existierenden Säle mit Stummfilmvorführungen entsprachen nicht seinen Vorstellungen, heisst es auf Saiten.
So entschied Schulthess sich, das Palace zu finanzieren und beauftragte den Architekten Moritz Hauser mit den Planungen. Das Palace entstand am Blumenbergplatz. Hier lief dann im Jahr 1930 der erste Tonfilm in St.Gallen. So wurde Schulthess in kurzer Zeit zum St.Galler Kinokönig mit fünf Sälen. Ein weiteres Palace eröffnete er am Mariaberg im Jahr 1927 in Rorschach, welches er aber später weiterverkaufte.
Obwohl das heutige Palace nicht mehr genau dem Original von 1924 entspricht, liess Schulthess in den Jahren 1949/50 den Saal, das Foyer und andere Bereiche umbauen und modernisieren. Das Palace wurde in St.Gallen zu einem Zentrum kultureller Aktivitäten und ein wichtiger Bestandteil des städtischen Lebens.
Nach dem Tod von Jules Schulthess im Jahr 1963 führte seine zweite Ehefrau Trudy sein Erbe weiter, indem sie die Kinos erfolgreich betrieb.
Zum 100-Jährigen bleiben 100 Plüschsessel
Die Einrichtung vom Palace bleibt traditionell, so Johannes Rickli, Co-Betriebsleiter vom Palace: «Schlussendlich ist es immer noch ein Kinosaal – es hat einen Balkon, 100 rote flauschige Kinosessel und einen Orchestergraben. Doch heute finden Konzerte, Partys und Tanzveranstaltungen statt.»
Dieser rote Plüschsaal sei sehr besonders für die Veranstalter. Für die heutigen Konzertveranstaltungen sind Musiker von nah und fern zu Gast. Filme hingegen werden nur noch zu besonderen Ereignissen ausgestrahlt. Wie zur diesjährigen Jubiläumsfeier.
Bei der Planung kamen viele Ideen zusammen: «Wir wollen nicht den Fokus nur auf heute legen, sondern auch die Geschichte des Hauses leben lassen.» Deshalb gibt es Vorträge zum Architekt Moritz Hauser und auch über die gesamte Kinogeschichte in St.Gallen. Auch der erste Kinofilm, der im Jahr 1923 gezeigt wurde, ist als Highlight auf dem Programm zu finden. Der Stummfilm wird bei der Vorführung live vertont.
«Dann wollen wir aber auch einen Blick in die Zukunft zeigen, so haben wir Musiker eingeladen, die in unseren Augen zukunftsweisende Musik machen.» Geplant sind Künstler wie Aya aus England, die hauptsächlich elektronische Musik macht.
Auch etwas für Nachtwanderer oder Putzfreudige
Mit hundert Stunden Betrieb meinen es die Veranstalter wortwörtlich. Wer von Mittwoch auf den Donnerstag ein Nachtkonzert erleben möchte, kann dies mit einer Voranmeldung. Zwei Künstler werden ein siebenstündiges Einschlaf-Konzert geben. Die Besuchenden sind eingeladen, mit Schlafsack und Mätteli das Spektakel live zu erleben.
Für die restlichen Nächte sind Filme und Konzerte auf dem Programm. «Zwischendurch muss das Haus auch mal geputzt werden.» Rickli ergänzt mit einem Schmunzeln: «Wer dann vor Ort ist, kann die ganze Nacht durchtanzen und bei Lust und Laune auch mal den Besen über den Boden schwingen.»
Für das Palace bleibt das grösste Highlight die Erfahrung, 100 Stunden am Stück offen zu haben. «Es wird zeitgleich für uns auch die grösste Herausforderung sein», ergänzt Rickli.
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