Dieser Weisswein trieb 144 Tage lang auf dem Zürichsee

Robert Irsslinger lagerte seinen Weisswein mehrere Monate in einer Boje auf dem Zürichsee bei Rapperswil-Jona. Seit gut einem Monat sind die rund 950 Liter Wein wieder an Land und die Nachfrage nach dem Wellenreiter ist riesig. Alle Flaschen, die zum Verkauf angeboten werden, sind bereits ausverkauft.

Fein. Leicht süsslich oder säuerlich? Und kalt, aber überhaupt nicht bitter. So schmeckt der Wellentänzer im Gaumen einer absoluten Laiin. Der Wellentänzer ist ein Weisswein, der während 144 Tagen in einer Boje auf dem Zürichsee in Rapperswil-Jona trieb und während er so im Hafen schaukelte, einen Geschmack entwickelte, der sich von anderen Weinen unterscheidet.

Die Wellentänzerin treibt auf dem Zürichsee in Rapperswil-Jona. In ihrem Innern: 950 Liter Weisswein.

© zVg

Den Unterschied macht die Hefe

«Das Besondere am Wellentänzer ist, dass auch ein Laie einen Unterschied zum Zwillingswein feststellen kann», sagt Robert Irsslinger, der Winzer aus Wangen SZ, der den See, wie er sagt, zu seinem eigenen Weinkeller machte. Beim «Zwillingswein» handle es sich um den gleichen Wein wie in der Boje, nur dass dieser ganz normal in einem Stahlbehälter an Land lagerte.

«Die Trauben kommen aus dem gleichen Rebberg, sie hingen nebeneinander, wurden am selben Tag geerntet und im selben Topf gegart, nur die Lagerung fand an zwei unterschiedlichen Orten statt und der Wein schmeckt so unterschiedlich», sagt der 27-jährige Schwyzer Winzer.

Quelle: FM1Today

Den grossen Unterschied mache die Hefe, denn Robert Irsslinger erklärt, dass die Hefe sich in den normalen Behältern am Boden sammle und dort bleibe. «Die Hefe beginnt zu stinken und der Wein muss abgeschöpft werden. In der Boje aber, wird die Hefe immer wieder aufgewirbelt, sie beginnt sich teilweise aufzulösen und sorgt so für den speziellen Geschmack des Weins.»

«Grosse Freude hatte ich während Stürmen»

Tatsächlich stimmt die Einschätzung mit dem «feinen, süsslich oder säuerlichen Wein». Die Hefe sorgt dafür, dass der Wein sich im Gaumen leichter anfühlt und sie gibt ihm einen süsslichen Effekt, obwohl kein Zucker drin ist. «Ich dachte mir im Vornherein, den Unterschied würden später nur Fachleute schmecken. Es ist aber krass, wie stark der Unterschied tatsächlich auch für Laien ist.»

Mit einem Kran wurde die Boje aus dem Zürichsee geholt.

© FM1Today/Lara Abderhalden

Erst Anfang Woche wurde der Wein von der Boje in einen Behälter im Keller abgefüllt. Aus dem Zürichsee fischte Robert Irsslinger die Boje mit Hilfe eines Krans bereits Ende März. Den ganzen Winter über war der Wein im Wasser. «Besonders grosse Freude hatte ich während Stürmen, wenn es die Boje so richtig durchwirbelte. Da bin ich immer zum See gefahren und habe die Boje beobachtet.»

«100 Flaschen sind für mich persönlich»

Das Interesse am Wein nach dessen Seebergung ist riesig – das war es allerdings bereits kurz nach der Einwässerung. «Ungefähr einen Monat nach der Einwässerung im November waren die Flaschen bereits ausverkauft.» 900 Flaschen hat Robert Irsslinger für den Vorverkauf angeboten und diese wurden vorbestellt, bevor die Kunden überhaupt wussten, wie sich der Wein entwickeln würde. Aus den rund 950 Litern Wein gibt es rund 1200 Flaschen – einen Teil davon möchte Rober Irsslinger zurückhalten, um ihn auch Kunden, die den Hof besuchen, anzubieten. Und: «100 Flaschen sind für meinen persönlichen Weinkeller», sagt der junge Winzer und lächelt.

Einen Teil des Weins möchte Robert Irsslinger für sich selbst behalten.

© FM1Today/Lara Abderhalden

Ein roter Wellentänzer ist in Planung

Ob bald noch mehr Wein im Zürichsee gelagert wird, das weiss Robert Irsslinger noch nicht. Es sei gut möglich, aber brauche noch etwas Geuld: «Im Sommer ist es zu warm dafür. Sobald der Wein über 12 bis 15 Grad warm wird, ist er schnell nicht mehr geniessbar.» Eine weitere Idee ist die Lagerung von Rotwein im Wasser: «Rotwein muss aber länger als 144 Tage gelagert werden und es kommt hinzu, dass Rotwein häufig in Holzfässern gelagert wird und diese nicht wasserdicht sind.» Irsslinger hat aber schon eine Ahnung, wie das dennoch klappen könnte, diese möchte er aber noch nicht verraten.

38 Franken kostet eine Flasche geschüttelten Wein. Das ist teurer als sein Zwillingswein mit 25 Franken, da die Boje extra für die Lagerung des Weins konstruiert und angeschafft wurde. Die Boje steht jetzt übrigens mitten auf dem Hof von Robert Irsslinger – leer und silbrig leuchtend und mit weissen Spuren im unteren Bereich, die die Wellen im letzten halben Jahr gezeichnet haben.

Die Spuren der Lagerung im Wasser sind an der Boje zu sehen.

© FM1Today/Lara Abderhalden
veröffentlicht: 25. April 2020 14:32
aktualisiert: 25. April 2020 15:11
studio@radiofm1.ch