Contact Tracing am Anschlag: Jetzt sollen Arbeitslose helfen

Im Kanton St.Gallen sollen bald Arbeitslose die Contact Tracer unterstützen.
© Severin Bigler / AGR
In Bezug auf das Contact Tracing werden im Moment Geduld und Verständnis von der Bevölkerung abverlangt. Unter anderem im Kanton St.Gallen müssen gerade täglich tausende Kontaktdaten abgearbeitet werden. Die neueste Idee: Arbeitslose sollen das Contact-Tracing-Team unterstürzen.

Die bestätigten Covid-19-Neuinfektionen steigen in der Schweiz rapide an. Dementsprechend werden die Contact Tracer schweizweit mit Kontaktdaten regelrecht überflutet. «Für diese Fallhöhe war das Contact Tracing eigentlich nicht vorgesehen», sagt Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK). Trotzdem bleibt das Contact Tracing aufrecht erhalten. Die Kantone müssen, gemäss Engelberger, aber Anpassungen machen.

RAV miteinbeziehen

Im Kanton St.Gallen will man die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) mit ins Boot holen, wie Jörg Köhler, Leiter des St.Galler Amtes für Militär und Zivilschutz, auf Anfrage von FM1Today sagt. «In den nächsten rund 14 Tagen können wir das Contact Tracing noch stemmen. Wir sind aber mit den RAV in Kontakt.»

Völlig aus der Luft gegriffen ist die Idee mit den Arbeitslosen nicht. Laut Köhler hat der Kanton schon in der Vergangenheit mit den RAV zusammengearbeitet, beispielsweise in der Militärlogistik.

Föderalismus stellt Problem dar

Das grösste Problem zurzeit ist also nicht die Rekrutierung von neuen sogenannten Tracern. Problematisch ist, gemäss dem Stabsleiter Jörg Köhler, die Datenflut, die aus anderen Kantonen kommt. «Der Wunsch wäre, dass wir schweizweit eine gleiche Datensoftware hätten.» Die Tracer würden teilweise vor Hieroglyphen stehen. Die rund 60 St.Galler Tracer müssten jeweils die Daten aus anderen Kantonen und vom Bund erst entziffern, bevor sie die Kontakte sauber, im eigenen System, erfassen könnten.

Der St.Galler Stabsleiter ist sich aber bewusst: «Eine einheitliche Software stellt auch den Datenschutz in Frage.» Denn plötzlich hätte ein Ostschweizer Tracer Zugriff auf das System respektive die Daten beispielsweise im Kanton Genf. Das sei heikel, trotz einer Verschwiegenheitserklärung. Der Datenschutz verhindert also zurzeit eine zentrale Lösung.

Im Zweifelsfall zu Hause bleiben

Das Contact Tracing ist das A und O, um Infektionsketten zu unterbrechen. Aber auch eine zentrale Lösung lässt die Pandemie nicht verschwinden, dessen sind sich die Behörden bewusst. «Das Contact Tracing kann die Welt nicht retten, aber helfen», sagt Köhler. Er appelliert deshalb an die Bevölkerung. Die Abstands- und Hygieneregeln und Masken könnten einen weiteren Lockdown verhindern.

Auch die Tracer selbst würden weiterhin mit Hochdruck arbeiten. Teilweise hätten diese Zwölf-Stunden-Tage und auch am Wochenende werde gearbeitet. Und wenn das Contact Tracing nicht innerhalb weniger Stunden reagiert? «Ich empfehle im Zweifelsfall, daheim zu bleiben.»

veröffentlicht: 23. Oktober 2020 05:45
aktualisiert: 23. Oktober 2020 07:29
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