Nach einem Monat kostenpflichtiger Tests: «Kämpfen täglich für Normalität»
«Ich lag wohl richtig in unserem letzten Gespräch», sagt Roni Szepanski augenzwinkernd. Der Inhaber des Churer Clubs «Selig» hatte vor einem Monat gegenüber FM1Today erklärt, dass er denke, dass man den Jungen Unrecht tue, wenn man sie pauschal in den «Ungeimpften-Topf» werfe.
Hohe Impfquote unter Gästen kommt Clubs entgegen
Szepanski teilte die Befürchtungen anderer Clubetreiber nicht, er hatte keine Angst vor einem Gästeeinbruch in seinem Lokal. Einen Monat später ist klar, dass die Einschätzung stimmte. «Wir hatten tatsächlich praktisch keinen Einbruch. Falls wir mal minim weniger Gäste als sonst hatten, könnte das genauso gut dem Zufall geschuldet gewesen sein», so Szepanski.
Dem Churer Clubbetreiber ist bewusst, dass er die Situation nur deshalb verhältnismässig gelassen sehen kann, weil sein Publikum eine hohe Impfquote aufweist. «Wer im Welschdörfli in den Ausgang geht, ist mit einiger Wahrscheinlichkeit geimpft», sagt er.
Das zeige die Nachfrage im Testcenter, welches die Welschdörfli-Clubs organisiert haben. Pro Wochenende absolvierten selten über 100 Leute dort einen Test und wiederum nur ein Teil dieser nutze den Test für den Clubbesuch.
Impfbereitschaft ist aufgrund kostenpflichtiger Tests nicht gestiegen
Andernorts haben die kostenpflichtigen Tests wesentlich tiefere Spuren hinterlassen. Der Rheintaler Gastrounternehmer Silvio Baumgartner sagt gegenüber FM1Today: «Wir verzeichnen, seit die neue Regel eingeführt wurde, einen massiven Gästeeinbruch in unseren Bars. Wir kämpfen täglich für Normalität.» Baumgartner rechnete bereits bei der Einführung der Kostenpflicht mit einem Einbruch, allerdings auch mit einer raschen Stabilisierung der Lage, weil er davon ausging, dass sich die Gäste nun zum Impfen animieren lassen würden. Dieser Effekt sei aber bisher nicht eingetreten.
Ein Blick auf die Daten bestätigt Baumgartners Einschätzung: Am 11. Oktober waren 64,86 Prozent der Schweizer Gesamtbevölkerung mindestens einmal geimpft, einen Monat später sind es mit 66,53 Prozent nur wenige mehr.
Restaurants weniger betroffen
Baumgartner betreibt mit seiner Firma auch Restaurants im Rheintal. Immerhin dort sind die Gästezahlen mittlerweile wieder zufriedenstellend – derzeit gehen bei ihm viele Anmeldungen für Weihnachtsessen ein.
Spürbar wurde die Kostenpflicht der Tests auch im «BBC» in Gossau, wie Mediensprecherin Rita Bolt sagt: «Unter der Woche ist es sehr ruhig.» An den Wochenenden seien die Auswirkungen hingegen weniger stark. «Die Gäste testen sich am Freitagabend und nutzen die Möglichkeit, in den Ausgang zu gehen, dann auch.»
Es lässt sich kaum abstreiten, dass die Clubs ein Stück weit vom Impf- und Genesenenstatus ihrer Gäste abhängig sind. Konkret äussern wollen sich die Lokale zur Zusammensetzung ihres Publikums zwar nicht, doch der Fall des «Selig» in Chur zeigt, dass bei einer hohen Impfquote kaum merkliche Einbrüche bei den Gästezahlen zu verzeichnen sind.
Wie geht es weiter?
Jüngst steigen die Corona-Fallzahlen wieder, in einigen europäischen Ländern wurden die Massnahmen wieder verschärft, beispielsweise in Dänemark oder in Österreich, wo seit kurzem eine 2-G-Pflicht und bald auch ein Lockdown für Ungeimpfte gilt. Rufe nach einer flächendeckenden 2-G-Regel werden in Deutschland ebenfalls laut.
Ist das bald auch in der Schweiz ein Thema? Gerüchte über neuerliche Massnahmenverschärfungen geistern auch hierzulande bereits durch die Medien. Deshalb bleiben die Clubbetreibenden auf der Hut. Roni Szepanski erklärt: «Auch wenn der Bundesrat diese Möglichkeit aktuell verneint, rechne ich damit, dass eine 2-G-Regelung kommen könnte.» Für ihn wäre das, aufgrund der Zusammensetzung seines Publikums, erneut keine einschneidende Massnahme. «Ich habe keine Angst davor», sagt er.
Bei einigen Clubs dürfte das anders aussehen.