Arzt streitet in St.Gallen Verantwortung für Tod einer Patientin ab
Eine damals 39-jährige Frau begab sich 2017 wegen Bauchschmerzen in ein Spital im Kanton St.Gallen, wie es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft heisst. Am Abend wurde die Frau vom mittlerweile 60-jährigen Chirurgen wegen einer Gallenblasenentzündung operiert.
In der Nacht nach der Operation starb die Frau durch Blutverlust in der Bauchhöhle. Die Blutung sei auf einen Behandlungsfehler des Chirurgen zurückzuführen, heisst es in der Anklageschrift weiter. Der Arzt habe die Schlagader der entfernten Gallenblase nicht richtig mit Clips verschlossen.
Der Chirurg wehrte sich gegen den Vorwurf eines Behandlungsfehlers. «Ich denke, dass die Clips verschlossen waren und aus irgendwelchen Gründen einen Materialfehler gehabt haben», sagte der Mediziner vor Gericht.
Vorinstanz sprach Anästhesiearzt frei
Während der Operation habe es keine Komplikationen gegeben, so der Chirurg weiter. Im Anschluss sei die Patientin jedoch entgegen seiner Anordnung nicht auf eine Überwachungsstation, sondern auf eine gewöhnliche Station gebracht worden. Auf einer Überwachungsstation wäre der Zustand der Patientin nach der Operation besser erkannt worden, argumentierte der Mediziner. Aus seiner Sicht hätte dann angemessener auf die Blutung reagiert werden können.
Bei einer ersten Verhandlung am Kreisgericht See-Gaster in Uznach im Jahre 2021 war auch ein Anästhesiearzt angeklagt gewesen. Er habe bei der Betreuung der Patientin nach der Operation Sorgfaltspflichten verletzt, so das Gericht damals.
Gemäss Gutachter wäre es aber auch bei richtiger nachoperativer Betreuung unwahrscheinlich gewesen, dass der Tod der Patientin hätte verhindert werden können, argumentierte das Gericht damals. Es sprach den Anästhesiearzt frei.
Verteidiger zog Gutachten in Zweifel
Der Verteidiger des Chirurgen zog insbesondere die von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift hinzugezogenen Gutachten in Zweifel. Möglichen Materialfehlern sei keine Beachtung geschenkt worden.
«Es kann gut sein, dass bei der Operation eine fehlerhafte Charge von Clips vorhanden war.» Ein möglicher Materialfehler lasse sich heute aber nicht mehr überprüfen. Die damals verwendeten Clips seien nicht als Beweismittel eingezogen worden und damit heute nicht mehr vorhanden. Dieser Umstand müsse sich entlastend auswirken.
Es gebe keine Beweise, dass der Beschuldigte seine Sorgfaltspflichten verletzt habe, so der Verteidiger weiter. Das Urteil der Vorinstanz sei aufzuheben und der Chirurg vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freizusprechen.
Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung sei zu bestätigen
Der Anwalt der Familie der Verstorbenen widersprach der Darstellung von Materialfehlern bei den Clips. In der Bauchhöhle seien unverschlossene Clips in ihrer Originalform gefunden worden, so der Anwalt. Gemäss einem Gutachter seien Fehlmanipulationen die Ursache für die unverschlossenen Clips und nicht Materialfehler.
«Die Vorinstanz hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Operateur sich selbst bei einem Materialfehler nicht aus der Verantwortung ziehen kann», so der Anwalt weiter. Der Chirurg hätte merken müssen, dass die Clips nicht verschlossen gewesen seien. Er habe somit seine Sorgfaltspflichten verletzt.
Der Anwalt forderte, dass die Berufung vor Kantonsgericht abzuweisen respektive das Urteil der Vorinstanz von 2021 wegen fahrlässiger Tötung mit einer bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 400 Franken zu bestätigen sei.
Weiterhin als Chirurg tätig
Die Staatsanwaltschaft war beim Berufungsprozess nicht vertreten. Der angeklagte Arzt ist gemäss eigenen Aussagen weiterhin als Chirurg tätig. Er arbeitet jedoch nicht mehr am Spital, wo die 39-Jährige starb. Das Urteil des Kantonsgerichtes wird in den kommenden Tagen erwartet.
(sda)
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