Am Bodensee nachgewiesen – «Nosferatu»-Spinne bald auch in St.Gallen?
Ich sollte im Gang mal wieder aufräumen. Da stapeln sich ein paar Kisten und Taschen und dazwischen fühlt sich offenbar ein relativ grosser Achtbeiner wohl. Bin ziemlich erschrocken, als am Morgen um halb sechs (vielleicht war es auch später, aber mein Chef liest mit) eine Spinne hinter einer Sporttasche rausgekrabbelt ist.
Sie könnte genauso gut aus dem verbotenen Wald von Harry Potter oder aus Cirith Ungol hervorgekrochen sein. Ein Riesenvieh! Zumindest schien es im ersten Moment so. Nach dem ersten Schreck wurde mir aber klar, dass ich schon wach war und es sich bei der Spinne wahrscheinlich nicht um Aragog oder Kankra handelte.
Sondern um die berühmte «Nosferatu»-Spinne.
So gross ist sie gar nicht
Versteht mich nicht falsch: Ich hatte noch nie zuvor eine so grosse Spinne in freier Wildbahn gesehen. Ihre Beine sind lang und dick und trommeln richtiggehend der Wand entlang. Aber was die Grösse von Spinnen angeht, sind wir in der Schweiz nun mal verwöhnt.
Nachdem der Schreck nachgelassen und die Vernunft wieder eingesetzt hatte, war die Spinne auf einmal nur noch etwa 5 Zentimeter gross.
Um meinen Verdacht der medienbekannten Nosferatu-Spinne zu verifizieren, habe ich sie eingefangen. Mit der Kamera – ich bin ja nicht wahnsinnig. Die Nosferatu soll ja beissen und sogar giftig sein. Und vielleicht ist es ja doch die abgehauene Tarantel vom etwas seltsamen Nachbarsjungen, was weiss ich.
Es ist die «Echte Kräuseljagdspinne»
Eine Nachfrage beim Walter Zoo brachte die Bestätigung. «Die meist Nosferatu-Spinne genannte Echte Kräuseljagdspinne ist am einfachsten an ihrem schönen Muster bestimmbar», sagt Elia Heule, Leiter Umweltbildung beim Walter Zoo.
Beim Exemplar bei mir im Treppenhaus handle es sich wahrscheinlich um so eine. Immerhin keine geflüchtete Giftspinne! Und auch sonst gibt Heule Entwarnung: «Die ganze Aufregung um die Spinne rührt nur daher, dass sie etwas fleischiger ist als unsere grösste ‹einheimische› Spinne, die Winkelspinne, sie ist aber nicht grösser.»
Auch das mit dem Beissen sei übertrieben. Versuche hätten gezeigt, dass man die Spinne aktiv dazu bringen müsse, zuzubeissen. «Das ist gar nicht so einfach. Und auch wenn sie beissen würde, wäre der Biss eher mit einem Mücken- als einem Wespenstich zu vergleichen», sagt Heule.
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Noch nicht in St.Gallen
Die Nosferatu-Spinne mit ihrem auffälligen Muster kommt in der Schweiz punktuell bereits seit Jahren vor. In Basel sei sie vor 16 Jahren das erste mal gesichtet worden, im Rheintal wurde sie nachgewiesen. Und auch in Rorschach war ich nicht der Erste. «Die Spinne fühlt sich an etwas wärmeren Orten sehr wohl, etwa entlang des Bodensees oder im Rheintal», sagt Heule.
Langsam fängt sie an, mir sympathisch zu werden. Mit den steigenden Temperaturen sei auch eine Ausbreitung in höhere Lagen nicht ausgeschlossen, etwa nach St.Gallen. «Das kann nächstes Jahr oder auch erst in zehn Jahren passieren», sagt Heule.
Die Spinne dürfte in Zukunft generell jedoch öfter gesichtet werden. Laut Heule muss man sich damit einfach abfinden und sich mit der Spinne anfreunden – mit ihrer auffälligen Zeichnung sei sie besonders schön.
Vielleicht sollte ich meiner zu Hause einfach einen richtig harmlosen Namen geben.
Sven, René oder Dumeni oder so.