«Ich fühle mich wunderbar» – drei Monate nach der Magenbypass-Operation
Quelle: FM1Today/TVO
Das Kleid ist wie eine Sommerwiese – rote, gelbe, blaue Blumen liegen zerstreut auf Katja Langenbahns weissem Gewand. Die 56-Jährige wirkt fröhlich – öffnet mit einem Lachen die Türe zu ihrem Zuhause in Planken im Fürstentum Liechtenstein. Die Veränderungen sind klar sichtbar. Das Gesicht ist schmaler, der Oberkörper schlanker und ihre Art, im Haus umherzulaufen, lockerer. Sie überkreuzt ihre Beine auf dem gepolsterten Stuhl und sagt das Offensichtliche: «Ich fühle mich blendend.»
«Kann keinen Teller Spaghetti essen»
Während Hündin Jana um unsere Beine streicht, erzählt Katja von der Zeit direkt nach der Operation Mitte Februar. «Ich weiss noch, ich bin in der Nacht nach der OP aufgewacht und habe mich gefragt, ob ich schon operiert worden bin. Ich war zwar etwas beduselt, hatte aber keine Schmerzen.» Bereits am nächsten Tag habe sie aufstehen und zur Toilette gehen können. Nach nur vier Tagen im Spital konnte sie nach Hause gehen. Dort gab es eine Zeit lang nur pürierte Kost. Jetzt darf Katja wieder alles essen – mit Betonung auf darf, können, tut sie das nämlich nicht.
Die 56-Jährige nimmt eine kleine Glasschale mit Erdnüssen, die zur Hälfte gefüllt ist. «Wenn ich eine solche Portion esse, bin ich satt.» Einen ganzen Teller Spaghetti zu essen, kommt für sie nicht mehr in Frage. «Manchmal merke ich mitten im Bissen, dass ich den nicht mehr herunterbekomme.» Drei Mal am Tag isst Katja Langenbahn eine Portion in der Grösse einer Kaffeetasse. Mehr nicht. Keine Zwischenmahlzeiten. «Dabei ist es wichtig, dass ich viele Proteine zu mir nehme. Deshalb esse ich viel Fisch oder Poulet, aber auch die vegane Küche hat es mir angetan.» Sie sei in der Küche experimentierfreudiger geworden.
Obwohl die Portionen jetzt kleiner sind und das Völlegefühl schon nach kurzer Zeit eintritt, isst sie immer noch gerne. «Ich liebe das Essen und von der Varietät her kann ich alles essen. Nur nicht mehr so viel davon. Man kann sich das gar nicht vorstellen.» Tatsächlich fällt es mir schwer, das vorzustellen, denn auch wenn ich zwei volle Teller Spätzli gegessen habe, passt da manchmal doch noch eine Kugel Schokoladenglacé rein. «Es geht aber einfach nicht. Sonst muss ich mich übergeben.»
Über drei Monate lebt die Schauspielerin nun schon mit Magenbypass und Ernährungsumstellung und hat in diesen rund drei Monaten fast 30 Kilogramm abgenommen. Und das sei noch nicht alles, erklärt Nabil Kalak, stellvertretender Chefarzt Viszeralchirurgie am Spital Grabs, der die Magenbypass-Operation im Februar durchgeführt hat.
Herr Kalak, wie viel wird Katja Langenbahn noch abnehmen?
In der ersten Phase direkt nach der Operation hat sie stark an Gewicht abgenommen. Das ist sehr gut zu sehen. Sie wird nun weiter an Gewicht verlieren, bis es sich in zwei Jahren einpendelt. Katja Langenbahn ist aber auch eine sehr vorbildliche Patientin, die sich an die Ernährung hält und sich viel bewegt. Das sind Faktoren, die zu einem positiven postoperativen Verlauf beitragen.
Sind Sie zufrieden mit der Operation?
Wenn ich Frau Langenbahn jetzt sehe und sehe, wie gut es ihr geht, bin ich sehr zufrieden. Sie hat wieder Spass an der Bewegung und keine Schmerzen mehr.
Kann sich der Magen wieder ausdehnen?
Der Magen kann sich höchstens ein kleines bisschen ausdehnen, wird aber nie mehr die Grösse von vorher haben. Die Operation war aber nur ein Teil des Abnehmens – wie gesagt, gehören auch das Essverhalten und die körperliche Aktivität zu einem positiven Verlauf.
«Niemand muss sich für OP rechtfertigen»
Katja Langenbahn steht auf, putzt Janas Füsse, die vom feuchten Boden draussen dreckig geworden sind. Ein Wunschgewicht habe sie nicht. Von Anfang an habe sie die Operation nicht des Aussehens wegen machen lassen: «Ich wollte wieder ohne Schmerzen laufen und das kann ich jetzt.» Natürlich sei die Arthrose in den Knien mit der Operation nicht verschwunden, aber Schmerzen habe sie nur noch selten. «Ich kann wieder lange stehen und in meinem Beruf als Schauspielerin habe ich keine Einschränkungen mehr.»
Viele fragen Katja, ob sie die Operation wieder machen würde und stets sagt sie voller Überzeugung: «Ja.» «Ich war fünf Tage im Spital und habe heute ein völlig neues Lebensgefühl. Ich hätte es alleine längerfristig nicht geschafft, so stark abzunehmen und ich finde jeder, der das auch will oder eine Operation in Erwägung zieht, soll das, ohne sich rechtfertigen zu müssen, tun.» Katja wird in den nächsten Jahren regelmässige Nachkontrollen und Untersuchungen haben, auch müsse mit der Zeit eine mögliche Hauttransplantation besprochen werden. Bis jetzt sei dies aber noch kein Thema. Ansonsten hat sie durch die Operation keine Einschränkungen und auch keine grossen Narben.
Neun Magenbypässe pro Monat in Grabs
Katja Langenbahn ist einer von vielen Menschen, die in der Schweiz als «adipös» gelten – noch immer ist die 56-Jährige mit ihren 93 Kilogramm adipös, aber gemäss Nabil Kalak wird sie wieder ein Normalgewicht erreichen. Der Arzt führt mittlerweile rund neun Magenbypass-Operationen monatlich durch – zu Beginn (2021) waren es noch sechs pro Monat. «Ich möchte die Ostschweiz schlanker machen», sagt er lächelnd und fügt hinzu: «Und dass sich viele Menschen durch die Operation besser fühlen.»
Niemand müsse sich für sein Gewicht schämen, sagt Katja Langenbahn. «Wir leben in einer erfolgsorientierten Welt und viele Übergewichtige haben das Gefühl, versagt zu haben, aber wer definiert Erfolg?» Sie wünscht sich, dass Adipositas kein Tabuthema bleibt und die Menschen darüber sprechen. «Niemand soll leiden müssen.»