«Mehrere Anfragen für Intensivpatienten aus anderen Kantonen abgelehnt»

Vor allem coronainfizierte Ferienrückkehrer sorgen für eine hohe Belastung der Intensivstationen. Patienten aus dem Thurgau mussten bereits verlegt werden. Auch in St.Gallen und Graubünden bleibt nicht mehr viel Luft nach oben.

Die Auslastung der Intensivstationen in den Schweizer Spitälern ist hoch. Sehr hoch sogar. Im Kanton Thurgau waren am Wochenende alle Plätze belegt, so dass Patienten und Patientinnen ausserkantonal behandelt werden mussten.

Doch auch anderswo sind die Plätze beschränkt. «Es gibt nicht mehr viel Luft nach oben», schreibt der Kanton Graubünden auf Anfrage von FM1Today. Man habe schon einzelne Patienten aus anderen Kantonen aufgenommen, solche aus dem Thurgau waren jedoch nicht darunter.

«Mehrere Anfragen abgelehnt»

Zurückhaltend bei der Aufnahme ausserkantonaler Covid-Patienten zeigt man sich beim Kantonsspital St.Gallen. «Wir müssen schon seit Tagen Anfragen anderer Kantone ablehnen, die uns Covid-Intensivpatienten überweisen wollen», sagt Philipp Lutz, der Kommunikationsbeauftragte des Kantonsspitals.

Es seien zwar noch wenige Intensivplätze frei, doch es brauche auch ein gewisses Minimum an Kapazität. Zum Beispiel im Fall eines Unfalls mit mehreren Verletzten stünde man sonst vor einem medizinischen Versorgungsproblem.

Nach Angaben des Bundes beträgt die Auslastung der Intensivstationen im Kanton 77,8 Prozent. Damit liegt St.Gallen ungefähr im landesweiten Schnitt. Auffällig ist hier jedoch der hohe Anteil an Covid-Patienten. Während Landesweit rund 43 Prozent der Intensivbetten von Nicht-Covid Patienten belegt sind, sind es im Kanton St.Gallen nur 33 Prozent – und die Covid-Patienten belegen über 44 Prozent der Intensivbetten in St.Gallen.

Unverständnis und Unmut über ungeimpfte Urlaubsrückkehrer

Der grösste begrenzende Faktor für Intensivbetten ist das Personal. Diplomierte Pflegefachleute mit Intensivausbildung sind stark spezialisiert und dementsprechend gesucht. Gleichzeitig stehen sie unter enormer Belastung. «Sie geben seit Monaten Vollgas, das ist natürlich ermüdend. Es ist eine grosse Herausforderung, personelle Lücken zu schliessen und den Schichtbetrieb aufrecht zu erhalten», sagt Lutz.

Auf den Intensivstationen finden sich derzeit schweizweit besonders viele Rückkehrer aus den Sommerferien – die meisten davon ungeimpft: «Das sorgt beim Personal für ein gewisses Unverständnis und auch Unmut. Trotz allem ist die Stimmung bei uns nicht schlecht.»

Zu Prognosen hinreissen, lassen sich derzeit nicht einmal die Experten der Corona-Taskforce des Bundes. Die Verbreitung des Virus durch Ferienrückkehrer bleibt eine schwierig abzuschätzende Variable.

«Kein Verständnis für Angst vor Impfnebenwirkungen»

Falls sich die Situation nicht entspannt, sind neue Massnahmen gegen das Virus wohl unausweichlich. Etwas Hoffnung macht derzeit die leicht steigende Impfquote – auch wenn es noch viel mehr Kapazität gäbe.

Philipp Lutz wird hier besonders deutlich: «Wir erleben hier, wie ungeimpfte Personen, teils auch junge, bei uns auf der Intensivstation landen und ganz schwere Verläufe haben. Ich kann nicht verstehen, wie man das Risiko einer Nebenwirkung einer Impfung immer noch höher gewichten kann, wie das mehrfach höhere Risiko eines solch schweren Verlaufs.»

Erste Verschärfungen dürften bereits am Mittwoch definitiv beschlossen werden: Derzeit befindet sich eine unter anderem eine Ausweitung der Zertifikatspflicht in der Konsultation bei den Kantonen.

veröffentlicht: 30. August 2021 17:22
aktualisiert: 6. April 2022 16:09
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