Als Reporterin verkleidet an den Maskenball

Am diesjährigen Lenggiball galt das Motto «Traumberuf» – von Pensionären über Lehrerinnen bis hin zu Influencern war alles dabei. Unsere Reporterin hat sich im Reporterkostüm in die Fasnachts-Menge gewagt.

Wer sich an einem Fasnachtsball nicht verkleidet, ist ein Spielverderber. So wie ein schwarzes Haar in der Suppe - fällt auf, nervt irgendwie. Von einem Clown hingegen, lässt sich niemand ernsthaft fotografieren, obwohl das genau am Lenggiball meine Aufgabe war. Wie soll ich nun an besagtem Samstag aufkreuzen? Abhilfe schaffte mir ein selbstgebasteltes FM1-Reporterkostüm, das ich aus Papier und Filzstift gestaltet habe. Von einem Reporter würde sich jeder fotografieren lassen, dachte ich mir. So gut war die Idee doch nicht.

1. Akt: Der Einlass

Schon am Eingang des Lenggiballs riecht es nach Fasnacht. Nach mottenden Kostümen und Bier-Atem. Ich stelle mich in meinem Reporterkostüm wie gewohnt in die Schlange. An der Kasse dann das erste Misstrauen: Ist die wirklich als Reporterin da? Oder ist das jetzt eine Verkleidung? Sie gewähren mir Eintritt, und doch habe ich das Gefühl, dass sie sich bis zum Schluss nicht sicher waren. Eigentlich ein gutes Zeichen für mein Kostüm.

Akt 2: Die Verwirrung

Die verschiedenen Bars, Zelte und die grosse Turnhalle beginnen sich zu füllen. Permanent dröhnen die Trompeten und Pauken der Guggen in den Gehörgängen. Schon spüre ich, wie mir später tinnitusähnlich die Ohren surren werden, sobald es still um mich wird.

Traumberuf – so das diesjährige Motto. Man sieht Bauarbeiter, Briefkästen, Influencer, Pensionäre. In einer dunklen Ecke treffe ich auf eine Gruppe verkleideter Lehrerinnen. Ihr Traum- und richtiger Beruf, wie sich herausstellt. «Wir haben am Mittwochnachmittag frei und viel Ferien», erklärt eine der Lehrerinnen, die anderen nicken zustimmend und sippen an ihren Strohhalmen. Bei den Lehrerinnen schien das Reporterkostüm perfekt funktioniert zu haben. Nicht so aber bei einer Pantomime.

Diese Lehrerinnen wissen, warum sie ihren Beruf gewählt haben: Frei am Mittwochnachmittag, viel Ferien und um 15 Uhr Feierabend. 

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«Sag mir erst, was dein richtiger Beruf ist, bevor ich dir ein Interview in dein Pseudo-Mikrofon gebe», sagt die Pantomime zu mir, die eigentlich nicht sprechen sollte. Sie beginnt zu raten, tippt auf KV. FaGe. Wir können das Gespräch nicht weiterführen – sie wird unterbrochen und wendet sich jubelnd ihren Freunden zu.

3. Akt: Die Einsicht

Bauarbeiter Cyril ist so verkleidet, wie er sowieso schon montags bis freitags rumrennt: in Bauarbeiter-Klamotten und orangen Helm. «Das ist mein Traumberuf, darum habe ich auch dieses Kostüm.» «Macht Sinn», denke ich mir. «Voll billig», denke ich mir auch.

Und dann treffe ich immer mehr «Cyrils» in der Menge. Oder Lehrerinnen. Alle, die sich passend zu ihrem richtigen Beruf gekleidet haben. Ich merke, wie ich mich über diese Menschen zu nerven beginne. «Lasst euch was einfallen», denke ich mir. Noch bevor ich den Gedanken zu Ende denken kann, schaue ich auf das mit Papier verkleidete Mikrofon in meiner Hand und das schlecht ausgemalte FM1-Logo auf meinem Shirt. Ich schäme mich für meine Gedanken, packe mein Mikrofon und meine Kamera. Auf dem Weg nach draussen lächle ich allen «Cyrils» entschuldigend zu. Ich gehe nie mehr als Reporterin verkleidet an die Fasnacht, freue mich aber für alle «Cyrils», die ihren Traumberuf gefunden haben.

Cyril (rechts) hat seinen Traumberuf auf der Baustelle gefunden und sich deshalb mottogetreu verkleidet.

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veröffentlicht: 16. Februar 2020 07:11
aktualisiert: 17. Februar 2020 11:48
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