«Muss mich jetzt nicht mehr verstecken»

Sein halbes Leben lang trägt Daniel aus Chur ein Tattoo auf den Schultern, für das er sich schämt, sich nicht mehr in die Badi traut und bereut, es jemals gemacht zu haben. Nun wurde das Tattoo überstochen. Daniel gewann das Cover-up von Skin Deep Art und das Resultat kann sich sehen lassen.

«Ich war unglaublich nervös», sagt Daniel. Der 29-Jährige sitzt im Stuhl von Skin Deep Art, welche Daniel das Cover-up ermöglichen. «Ich wusste, dass ich es machen will, hatte jedoch grosse Angst vor den Schmerzen.» Als er das erste Tattoo gestochen hatte, war er gerade einmal 15 Jahre alt. «Ich erinnere mich nur daran, dass es unglaublich weh getan hat. Deshalb hatte ich auch dieses Mal grosse Angst davor.»

«Es ist ein schöner Schmerz»

Von dieser Angst ist während des Tätowierens nichts mehr zu sehen. Die Unsicherheit scheint verschwunden zu sein und an dessen Stelle prangt in Daniels Gesicht ein breites Lächeln: «Pele, der Tätowierer, hat mich sehr gut beruhigt. Ich kann jetzt sagen, dass es nicht so schlimm ist, wie ich es mir vorgestellt habe.» Schmerzen habe er kaum: «Es ist fast schon ein schöner Schmerz.»

Vor allem wenn er daran denkt, was am Ende entsteht: «Wir haben uns auf eine Weltkarte mit einem Flugzeug und einem Kompass geeinigt. Das Flugzeug fliege ich selbst, deshalb hat es sehr viel mit meinem Leben und mit der Realität zu tun.» Einig seien sich Pele und Daniel nicht sofort gewesen: «Ich hatte anfänglich Schwierigkeiten mit dem Flugzeug», sagt Pele. Es sei schwierig gewesen, es mit dem alten Tattoo verschmelzen zu lassen. «Dann haben wir diskutiert, ein bisschen gerungen und uns schliesslich gefunden.»

«Niemand wollte mir helfen»

Daniel muss zu hundert Prozent dahinter stehen, das war für Pele das wichtigste. Denn der Pilot, der in Chur wohnt, hatte in Vergangenheit viele schlechte Erfahrungen mit Tätowierern gemacht: «Ich wollte das Tattoo mehrmals überstechen lassen», erzählt Daniel. «Niemand wollte mir weiterhelfen. Es hiess immer, dass es unmöglich sei, einen Kompass zu stechen. Jetzt hat sich heraus gestellt, dass es eben doch möglich ist.»

Gemäss Pele ist es gut möglich, dass Tätowierer gewisse Motive ablehnen. Wäre die Kombination mit der Weltkarte und dem Flugzeug nicht gewesen, wäre es auch für Pele schwierig gewesen, das alte Tattoo gänzlich zu überdecken: «Man muss dahinter stehen können. Ein Cover-up ist nicht Zaubern, man muss sich an gewisse Regeln halten und es braucht Erfahrung.»

«Ich schämte mich»

Daniel ist überglücklich, sein altes Tribal loszuwerden: «Ich war 15 Jahre alt und wollte mir eigentlich einen Adler stechen lassen, wurde dann aber zum Tribal überredet, welches absolut nichts mit einem Adler zu tun hat. Ich hatte das Pech und bin nicht gerade an einen Profi geraten.» Daniel schämte sich so sehr für sein Tattoo, dass er es versteckt hielt: «Ich habe die Badi gemieden und das Tattoo an Sommertagen versteckt.»

Statt immer wieder dieselbe Geschichte erzählen zu müssen, versuchte er, das Tattoo so gut es ging geheim zu halten. Er wurde auch oft darauf angesprochen, was sein Tattoo bedeute, worauf er schlicht und einfach keine Antwort wusste. «Ich bin froh und habe volles Vertrauen in Pele, dass er seine Sache gut machen wird.»

Stechen dauerte fünf Stunden

Daniels Freundin sitzt neben dem Stuhl, lächelt und macht ab und zu ein Foto: «Das alte hat mir überhaupt nicht gefallen. Das neue Tattoo kommt gut. Ich freue mich, auch weil sich Daniel so freut.»

Und tatsächlich strahlt der Pilot: «Nach all meinen Versuchen, allen Enttäuschungen habe ich nicht mehr daran gedacht, dass es soweit kommt. Ich bin immer noch überrascht, dass ich gewonnen habe und einfach nur glücklich.»

Nach fünf Stunden ist das Tattoo komplett. Das Flugzeug kann abheben, der Kompass ist ausgerichtet und die Welt wartet nur darauf, von Daniel oben ohne mit seinem neuen Tattoo erobert zu werden: «Jetzt muss ich mich nicht mehr verstecken.»

Lara Abderhalden
veröffentlicht: 10. September 2018 05:31
aktualisiert: 10. September 2018 18:02
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