«Ich bin nicht so der Selfie-König»

Heute Freitag erscheint das neue Album von Ritschi mit 13 Songs über Liebe, Sehnsucht und Tod. Weshalb ihm handgemachte Musik mehr bedeutet als Föteli auf Social Media, verrät der Mundart-Sänger im Interview.
Ritschi, es ist drei Jahre her seit deinem letzten Album. Was hast du gemacht?

Ich habe im Musical «Io senza te» im Theater 11 in Zürich mitgespielt und dabei viel gelernt. Zudem habe ich ein neues Album produziert, eine neue Managerin engagiert, eine Plattenfirma gesucht und meine Frau und ich haben ein Kind bekommen.

Da blieb wohl nicht viel Zeit für Ferien?

Ich habe bis jetzt keine Ferien gemacht - also nicht merklich. Wir waren mal eine Woche mit dem Camper unterwegs, aber da war der Laptop stets dabei und ich habe während den ganzen Ferien an Songtexten geschrieben.

Stell dir vor, du fährst zwei Stockwerke im Lift. Wie würdest du einem völlig Unbekannten dein Album verkaufen?

Wahrscheinlich würde ich wie in meinem letzten Song auf dem Album, in dem jemand in den Lift eingesperrt ist, den Stopp-Knopf drücken. Dann hätte ich wirklich schön Zeit, es ihm zu erklären. Und sonst würde ich einfach sagen: Also ich finde, es ist das Beste, was momentan auf dem Markt ist und du musst unbedingt reinhören.

«Im Unterschied zu anderen Männern lasse ich meiner Fantasie freien Lauf.» Dein Album verbindet Liebeskummer mit elektronischen Tanz-Beats. Wie würdest du es selbst beschreiben?

Es ist ehrlich und sehr authentisch. Man findet darauf auch Songs wie «Es tuet mer leid», dessen Inhalt ich unterschreiben würde zurzeit. Ich bin viel unterwegs und kann oft abends nur noch zu meiner Frau ins Bett schlüpfen und ihr zuflüstern: «Es tuet mer leid, dass i de ganz Tag furt bi gsi.»

Du singst davon, dass du dich in dein Kopfkissen vergräbst, um über neue Songtexte nachzudenken. Liegt ein Schreibblock auf deinem Nachttisch?

Nein, ich nutze meine Handy mit der Diktierfunktion für Songideen. Es ist immer wieder lustig, die Aufnahmen zu hören, bei denen ich gerade auf dem WC oder unter der Dusche war. Manchmal nehme ich das Handy noch mit nassen Händen und singe rasch etwas, im Hintergrund läuft immer noch das Wasser. Oft genug habe ich Geistesblitze sonst wieder vergessen.

Nebst inniger Liebe und gutem Sex geht's auf deinem Album auch um Tod und Trennung. Musste sich deine langjährige Frau Andrea erst daran gewöhnen, dass du solche Dinge singst?

Die gröbsten Geschichten bespreche ich mit meiner Frau. Mir ist es wichtig, dass sie nicht auf komische Gedanken kommt. Aber ich habe jetzt über 70 Songs geschrieben und sie weiss langsam, wie ich ticke. Im Unterschied zu anderen Männern lasse ich meiner Fantasie freien Lauf und mache einen Song daraus. Dass man manchmal etwas versaute Gedanken hat, ist menschlich.

Ein Beitrag geteilt von Ritschi (@ritschivoice) am 21. Feb 2017 um 8:48 Uhr


Im Song «Sou guet» sprichst du davon, dass du manchmal etwas dankbarer sein könntest. Bist du im Alltag eine Motzbirne?

Ich habe mich schon das eine oder andere Mal dabei ertappt, wie ich am Jammern bin. Ende 2014 hatte ich nach vielen Jahren Musikmachen eine persönliche Sinnkrise. Dann habe ich im Musical gespielt mit vielen Leuten, die eine Wahnsinns-Freude hatten, mit mir auf der Bühne zu stehen. Da wurde mir klar, wie gut es mir geht.

Du bist noch nicht lange öffentlich auf Facebook und Instagram. Wie gefällt's dir als angehender Social-Media-Star?
(Lacht) Das ist nicht meins. Auf Instagram macht es mir vor allem Spass, die Fotos der anderen anzuschauen, aber ich bin nicht so der Selfie-König. Ich muss mich immer wieder zwingen, dass ich noch ein Föteli mache.

Bekanntheit steht heute im Vordergrund, früher war es die Musik. Matchentscheidend ist am Schluss aber immer noch, wer den geilsten Song hat.

«Matchentscheidend ist am Schluss immer noch, wer den geilsten Song hat.» In deiner Freizeit stehst du gerne am Herd. Was kochst du am liebsten?Ich koche sehr gerne Jambalaya. Das ist ganz einfach - man muss nur eine Peperoni haben, zwei Frühlingszwiebeln, zwei Knoblauchzehen, eine Büchse gehackte Tomaten. Dann wirft man einfach alles in eine Pfanne zusammen mit Reis und kocht es - noch ein Liter Bouillon dazu und eine Chorizo-Wurst. Wenn man es auf die Spitze treiben will, macht man zuerst noch Scampi. Deine beiden Kinder Neo (4) und Mila (1) - wie verbringst du die Zeit mit ihnen?

Wir versuchen, so viel wie möglich zu unternehmen zusammen - vom Skifahren bis zum Wandern. Mein Sohn (4) war schon an an unzähligen Festivals dabei. Er hat einen schönen gelben Pamir und darf überall mitkommen, solange er dort Spass hat. Die Tochter ist 1-jährig, momentan ist meine Frau sehr oft daheim. Wenn wir hier in der Ostschweiz sind, gehen wir meistens am Bodensee laufen oder Velo fahren.

Das neue Album von Ritschi heisst gleich wie der Sänger und ist ab heute Freitag im Handel erhältlich. Musikalisch bewegt sich der ehemalige «Plüsch»-Sänger damit etwas weg vom Rock, hin zu elektronischer Popmusik. In der SRF-Samstagabendshow «I schänke dir es Lied» überrascht Ritschi ahnungslose Leute mit ihren Lieblingsliedern. Die Show wird ab 11. März live aus der Bodensee-Arena in Kreuzlingen gesendet.
Felix Unholz
veröffentlicht: 23. Februar 2017 18:26
aktualisiert: 24. Februar 2017 13:59
studio@radiofm1.ch